Jens Hagmeyer, 21 Jahre alt, studiert Energie-Ingenieurwesen im 2. Semester an der HBC – so weit, so normal. Und trotzdem unterscheidet sich sein Studium erheblich von dem seiner Kommilitonen im Studiengang. Denn: Jens Hagmeyer ist der einzige Studierende der sein Bachelorstudium Energie-Ingenieurwesen im Modell „Vertiefte Praxis“ durchläuft. Warum er sich für dieses besondere Studienmodell entschieden hat, und was er potenziellen Nachahmer*innen empfiehlt, das erzählt er im folgenden Interview.

Was hat Sie am Studium des Energie-Ingenieurwesens interessiert?

Für das Thema Energie habe ich mich eigentlich schon immer interessiert, auch weil mein Vater in der Branche arbeitet. Ich finde es spannend und gleichermaßen wichtig, einen Beitrag für die Energiewende zu leisten. Der Studiengang bietet zwei Schwerpunkte, Energie- und Gebäudesysteme. Beide Bereiche sind integral miteinander verbunden; ich konzentriere mich auf den Bereich Energiesysteme, da hier mein Interesse liegt und dies auch meiner Tätigkeit im Unternehmen entspricht.

Wie kam es dazu, dass Sie sich für das Studienmodell „Vertiefte Praxis“ im Energie-Ingenieurwesen entschieden haben?

Zur Studienorientierung habe ich einen Ferienjob bei unserem Energieversorger vor Ort gemacht, dem Albwerk Geislingen an der Steige und da ergab sich im Gespräch mit der Personalabteilung die Idee, das Modell Vertiefte Praxis mit mir als ersten Auszubildenden zu versuchen. Im Oktober 2023 habe ich dann gleichzeitig im Unternehmen und an der Hochschule angefangen.

Portraitbild von EI-Studierendem Jens Hagmeyer
Portraitbild von EI-Studierendem Jens Hagmeyer

Sie sind jetzt im zweiten Semester. Welche Vorteile des Modells „Vertiefte Praxis“ sehen Sie?

Ganz allgemein finde ich, dass eigentlich alle Seiten – Unternehmen, Hochschule und natürlich man selbst – vom Modell Vertiefte Praxis profitieren, denn während des Studiums können die Inhalte aus der Vorlesung direkt in die Praxis im Unternehmen umgesetzt werden. Das ist ein super Ausgleich zum „theoretischen“ Studium und deshalb finde ich das Modell auch besonders geeignet für alle diejenigen, die sich mit einem klassischen Studium vielleicht etwas schwerer tun. Auch empfinde ich es als Vorteil, dass ich – nicht wie die meisten anderen – vor und insbesondere nach dem Praxissemester einfach wieder aus dem Unternehmen verschwinde. Was meine Berufsaussichten betrifft, habe ich die Möglichkeit, innerhalb des Unternehmens aufzusteigen und bin daher zuversichtlich, dass ich nach Abschluss des Studiums eine echte Übernahmechance habe. Und auch trotz einer generell sehr hohen Nachfrage nach Fachkräften in diesem Bereich, schätze ich meine beruflichen Perspektiven durch das Modell „Vertiefte Praxis“ langfristig als noch etwas vielversprechender im Vergleich zum herkömmlichen Studium ein. 

Jens Hagmeyer vor einem Modell zur Netzsynchronisation im Labor für Elektrische Systeme
Jens Hagmeyer vor einem Modell zur Netzsynchronisation im Labor für Elektrische Systeme

Wie werden Sie konkret im Arbeitsalltag der Kolleg*innen im Unternehmen eingebunden?

Ich durchlaufe verschiedene Abteilungen und kann auch Wünsche äußern, in welche Abteilung ich reinschnuppern möchte oder auch in welchen Projekten ich gerne mitarbeiten würde. Bei uns im Albwerk war ich zum Beispiel zuletzt in der Abteilung Zählerwesen, momentan schaue ich mir den in den Bereich Energiewirtschaft mit Unterabteilungen wie Vertrieb, Controlling, Stromhandel usw. an, da wir dazu aktuell auch eine Vorlesung an der HBC haben. Ab den nächsten Semesterferien wechsle ich dann in die Abteilung Netzplanung, denn mich interessiert wie neue Solar- und Windkraftanlagen ins bestehende Stromnetz integriert werden. Gleichzeitig knüpfe ich im Unternehmen und auf branchenspezifischen Veranstaltungen so auch viele Kontakte. In so einer komplexen Branche wie der Energieversorgung ist ein breites Netzwerk mit verschiedenen Ansprecherpartner*innen von großem Vorteil.

Wie wird der Wechsel zwischen Praxis- und Studienphase organisiert?

Ich bin immer freitags im Unternehmen, also an einem festen Tag in der Woche. Das Modell ist in meinem Studiengang noch relativ neu und es gab deshalb zumindest bei meinem Start noch nicht so viele Erfahrungswert, was ja auch für das Unternehmen ein gewisses Risiko darstellt. Bei mir wurde das aber total gut gemanaged, denn obwohl z.B. meine Urlaubsregelung wegen den fixen Semesterzeiten im Arbeitsvertrag nicht genau geregelt ist, stellt mich mein Unternehmen beispielsweise zur Prüfungsvorbereitung einfach frei. Und auch an der HBC finden wir für alle Fragen eine Lösung.

Was würden Sie nun Interessenten des Modells „Vertiefte Praxis“ nahelegen?

Generell würde ich empfehlen, ein Unternehmen, für das man sich interessiert, einfach mal auf die Möglichkeit „Vertiefte Praxis“ anzusprechen, denn viele wissen ja gar nicht von dem zusätzlichen Angebot.  Sobald man dann mal im Modell drin ist, wäre mein erster Tipp: mit allen Seiten transparent sein und viel kommunizieren. Ich schreibe zum Beispiel auch eine eigene Dokumentation, wie eine Art Ausbildungsbericht, womit ich dann genau nachvollziehen kann, wann ich wo war und was ich dort gemacht habe. Auch wenn ich aufgrund der Praxistage kein Praxissemester absolvieren muss, will ich das auf jeden Fall machen, um noch mehr Einblicke zu erhalten. Das Studium im Modell Vertiefte Praxis ist natürlich ein zusätzlicher Aufwand, aber der lohnt sich – am Ende habe ich jede Menge praktische Erfahrung!  

Mein wichtigster Tipp: mit allen Seiten transparent sein und viel kommunizieren!

Jens Hagmeyer, EI-Studierender im Modell "Vertiefte Praxis"