Starkregenereignisse nehmen zu, auch in der Region Biberach. Professor Dr.-Ing. Gerhard Haimerl von der Hochschule Biberach (HBC), Experte für Wasserbau und Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement, weiß um die Folgen und notwendigen Schutzmaßnahmen. Gemeinsam mit seinen Masterstudierenden untersucht er in diesem Sommersemester ein Realprojekt in der Gemeinde Ingoldingen. Partner für das Projekt, das Theorie und Praxis verbindet, sind neben der Gemeinde das Ingenieurbüro Wasser-Müller aus Biberach und Software-Spezialist Rehm aus Berg bei Ravensburg.

Die Situation vor Ort: Der Ortsteil Degernau der Gemeinde Ingoldingen war in den vergangenen Jahren mehrmals von Überflutungen betroffen. In enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde, dem Ingenieurbüro Wasser-Müller, dem Landratsamt und dem Regierungspräsidium wurde bereits vor sieben Jahren ein umfassendes Starkregenprojekt umgesetzt, das aus Starkregengefahrenkarten, Risikoanalysen und einem Handlungskonzept besteht. Prof. Haimerl begleitet die Maßnahmen seit drei Jahren – er kennt die Gegebenheiten vor Ort bestens.

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Im Rahmen einer Projektarbeit sollen nun die Studierenden des ersten und zweiten Mastersemesters Bauingenieurwesen die Situation auf der Basis von neu vorliegenden Befliegungsdaten bewerten. Dafür wird aus den aktuellen und den bestehenden Daten ein präzises hydraulisches 2D-Modell für den Ausgangszustand ("Bestand 2024") nach dem Bau der Rückhaltebecken erstellt, um die Abflussverhältnisse genau zu analysieren.

Zum Auftakt des Projekts haben sich die Studierenden bei einem Vor-Ort-Termin in Degernau getroffen. Mit dabei waren Professor Haimerl, Patricia Wieser (Lehrbeauftrage und Mitarbeiterin von Wasser-Müller), Winfried Eberhard (Geschäftsführer Wasser-Müller) sowie Julian Spanninger (Lehrbeauftragter und Mitarbeiter der Firma Rehm) und Bürgermeister Jürgen Schell.  „Die Arbeit der Studierenden dient dem Erkenntnisgewinn der Gemeinde und der Planer, um beispielsweise die Restrisiken bei Überschreiten der Kapazität der Schutzmaßnahmen besser beurteilen zu können“, stellt Prof. Haimerl das Projekt vor. Die Bauwerke müssten durch den Eigentümer – hier die Gemeinde – entsprechend dem Stand der Technik gewartet und überwacht werden, um deren Funktion sicherzustellen, erläutert der Experte.

Eine große Gruppe steht draußen vor einem Staudamm
Eine große Gruppe steht draußen vor einem Staudamm

Glücklicherweise blieb die Gemeinde seit der Umsetzung der Schutzmaßnahmen von Starkregen verschont. Dennoch: „Für uns ist es unheimlich wichtig, dass sich jemand regelmäßig mit den Schutzmaßnahmen befasst und diese untersucht“, betont Bürgermeister Schell. Die Bewohner*innen seien nach wie vor verunsichert. Deshalb sei es wichtig, den Ängsten entgegenzuwirken. Die Stabilität der errichteten Becken stelle dabei eine Schlüsselfunktion dar. Daher werden die Studierenden auch die Szenarien „selten“ und „extrem“ berechnen, da die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Becken bisher nicht unter realen Bedingungen getestet wurde.

„Damit wir das Projekt erfolgreich bearbeiten können, ist es sehr hilfreich die Situation in der Realität zu sehen“, betont Masterstudentin Sandra Grüner. Die Studentin hat sich bereits in ihrer Bachelorarbeit an der Hochschule Biberach mit dem Thema Starkregenrisikomanagement befasst und sich aufgrund des Schwerpunktes bewusst für den Master Bauingenieurwesen an der HBC entschieden. „Schlimme Regenereignisse und Naturkatastrophen treten immer häufiger auf, deswegen ist es wichtig diese Schäden durch unsere Arbeit zu reduzieren.“

„Um solche Projekte erfolgreich zu meistern, brauchen angehende Bauingenieur*innen neben dem fachlichen Handwerkszeug wie hydraulische Berechnungen, Umgang mit Geländemodellen und technische Planung auch Kreativität und Problemlösungskompetenz“, betont Prof. Haimerl die Anforderung an seine Studierenden. Wie der Vor-Ort-Termin mit allen Projektbeteiligten zeigte, braucht es zudem vernetztes Denken und die Fähigkeit zur Kommunikation.

Bis Mitte Mai lernen die Studierenden nun dem Umgang mit der Software, um die Berechnungen durchführen zu können. Ende Juni werden dann die Ergebnisse präsentiert und unter anderem in einer Animation dargestellt.