Bühnenbild: BIM - Building Information Modeling - wird in der Zukunft eine noch größere Rolle in der Bauwirtschaft spielen als bisher. Illu: Foto/Studiengang Bau-Projektmanagement

„Wir sollten nur das bauen, was auch wirklich gebaut werden soll und auch morgen noch gebraucht wird,“ bringt es Dr. Albert Dürr, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wolff & Müller, gleich zu Beginn der Podiumsdiskussion auf den Punkt. Im Rahmen der digitalen Jobmesse der Hochschule Biberach (HBC) haben sich insgesamt vier Experten zu den Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Kulturwandel in der Baubranche ausgetauscht. Neben Dürr sitzen Anita Eckardt, Head Division Specialties bei Implenia, Nikolaus Graf von Matuschka, Vorstandmitglied bei Hochtief und der Rektor der Hochschule Biberach, Professor André Bleicher, auf dem digitalen Podium. Die Moderation übernimmt Professor Matthias Bahr, Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement sowie Projektleiter für das Hochschulvorhaben „Zentrum für bioökonomische Hybrid-Bauweisen“, das am Campus Stadt entstehen soll.

Sie alle sind sich einig: Die Baubranche muss und wird beim Erreichen der Klimaschutzziele eine erhebliche Rolle spielen. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein, in Deutschland soll dieses Vorhaben schon fünf Jahre zuvor erreicht werden. Ein ehrgeiziges Ziel, das nur erreicht werden kann, wenn alle Akteure ihren Beitrag leisten. Aktuell ist die Baubranche für 11 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Der Weg zu mehr Nachhaltigkeit sei aber eingeschlagen, versichern die Fachleute. Auch die HBC hat sich der Nachhaltigkeit verschrieben, bildet ihre Studierenden entsprechend aus und befasst sich im Bereich Forschung und Transfer mit der Frage, wie herkömmliche Bauweisen oder Verfahren ressourcenschonend ersetzt werden können.

Wandel bereits in vollem Gange

In der Bauwirtschaft seien die Mitarbeiter seien in den allermeisten Betrieben bereits stark an Nachhaltigkeit interessiert und motiviert, langfristige Veränderungen umzusetzen und mitzutragen. Jetzt sei es an den Bauunternehmen, auch die Auftraggeber mit dieser Motivation anzustecken, betont Nikolaus Graf von Matuschka. Das könne unter anderem über nachhaltige Alternativvorschläge zu Ausschreibungen gelingen, die ambitioniert entwickelt und vorgetragen werden müssten. Anita Eckhardt setzt bei Implenia unter anderem auf Holzbauweise. Zum einen handele es sich um einen nachwachsenden Rohstoff, zum anderen: „Wenn viel vorgefertigt werden kann, dann gibt es auch weniger Verschwendung am Bau.“ Dürr sieht zudem noch viel Potential bei der Produktivität der Geräte am Bau.

Arbeitgeber muss zu Werten und Zielen passen

Bei vielen Studierenden sei das Thema Nachhaltigkeit bereits gesetzt, das Interesse an einem entsprechenden Arbeitgeber groß. Die drei Unternehmenssprecher auf dem Podium aber warnen: „Ideologie ist kein guter Antrieb.“ Wichtig sei es, einen Arbeitgeber zu finden, der zu den persönlichen Werten und Zielen passe, aber auch ein Augenmerk auf die eigene Ausbildung zu legen. Eckardt ermutigt die Studierenden, Zeit in Building Information Modeling, kurz BIM, zu investieren. Die Arbeitsmethode ermögliche es, effizienter zu planen und den Austausch unter den Gewerken zu verbessern. Das habe weniger Unfälle, eine höhere Effizienz und damit auch eine gesteigerte Nachhaltigkeit zur Folge.

Einig sind sich die Experten mit ihrer Einschätzung, dass es nicht ausreicht, auf Regularien aus der Politik zu warten. Graf von Matuschka fasst die Zielsetzung in seinem Schlusswort zusammen: „Jeder hat Aufgaben, die angegangen werden müssen. Nur wenn wir jeden Tag an diesen Zielen arbeiten, wird Nachhaltigkeit irgendwann zur Normalität.“ Politik, Praxis, Forschung und Lehre – nur gemeinsam kann der Weg zu einer nachhaltigeren Bauwirtschaft gelingen.

Bildinformation: Im Rahmen der digitalen Jobmesse diskutierten VertreterInnen der Bauindustrie mit Professor Dr. André Bleicher (Rektor der HBC) und Professor Dr. Matthias Bahr (Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement), der die Rolle des Moderators übernahm. Unser Bild zeigt in der Reihe oben Dr. Albert Dürr, Geschäftsführender Gesellschafter bei Wolff & Müller, Nikolaus Graf von Matuschka, Vorstandmitglied bei Hochtief, Anita Eckardt, Head Division Specialties bei Implenia, und in der Reihe unten André Bleicher und Matthias Bahr (jeweils v. l.n.r). Screenshot: HBC

Experten aus Praxis und Lehre tauschen sich zur Zukunft der Baubranche aus
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