Den Wandel (er)leben – unter diesem Motto fanden im Oktober die Nachhaltigkeitstage der Hochschule Biberach (HBC) statt, zu denen die Hochschulmitglieder, aber auch Interessierte aus der Region eingeladen waren. Bereits in seinem Eingangsstatement zur Eröffnung der Veranstaltung merkte Professor André Bleicher an, dass „im Angesicht der aktuellen Herausforderungen nicht nur ein Wandel, sondern vielmehr eine umfassende Transformation“ erforderlich sei. Während Wandel eine Reihe kleiner, schrittweiser Änderungen bezeichne, gehe es bei Transformationen um große, durchaus auch bruchhafte Veränderungen bestehender Denk- und Verhaltensweisen, Strukturen und Systeme, so der Rektor der Hochschule.

Diese Veränderung möchte die Hochschule mitgestalten – die Nachhaltigkeitstage bilden hierfür einen Baustein, um die Menschen an der Hochschule und in der Region zu informieren, sensibilisieren und zum Mitmachen und Mitdenken einzuladen. An insgesamt drei Nachmittagen und Abenden war dafür ein umfangreiches Programm mit vielfältigen Beiträgen unterschiedlicher Akteure geboten. Neben Ausstellungen, Vorträgen, Mitmach-Aktionen und Workshops war auch eine Podiumsdiskussion sowie eine Filmvorführung Teil des dreitägigen Programms.

Der erste Tag der Veranstaltung diente dazu, sich dem Thema Nachhaltigkeit allgemein zu nähern und eine offene Haltung für den Austausch und die Diskussionen an den folgenden Veranstaltungstagen zu entwickeln. „Insbesondere mit der Vorführung des Kinofilms „Transformance“ am Dienstagabend wollten wir ein Bewusstsein dafür schaffen, wie unterschiedlich die Lösungsansätze sein können, die zur Gestaltung einer nachhaltigeren Zukunft beitragen. Der Film porträtiert verschiedene Personen und stellt deren unterschiedliche Denkansätze und jeweilige intrinsische Motivation vor“, erklärt Tobias Götz, Mitarbeiter im Projektbüro Campus Zukunft und hauptverantwortlicher Organisator der diesjährigen Nachhaltigkeitstage.

Zwei Personen auf der Bühne im Kino
Zwei Personen auf der Bühne im Kino

Die beiden folgenden Nachmittage standen ganz im Zeichen der Akteure aus der Hochschule (Mittwoch) und der Region (Donnerstag). Es wurde aufgezeigt, in welchen Projekten derzeit aktiv an Lösungen für eine nachhaltigere Zukunft gearbeitet wird. Ergänzend wurden Vorträge angeboten, in deren Rahmen die verschiedenen Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung diskutiert wurden. „Uns war es wichtig, insbesondere auch die verschiedenen Studiengänge und Forschungsprojekte aus der Hochschule bei der Veranstaltung einzubinden. Aus diesem Grund haben wir im Zuge der Programmplanung alle Fakultäten und Institute eingeladen, sich mit einem eigenen Beitrag zu beteiligen“, so Götz. Lisa Meyering, Klimaschutzmanagerin der HBC und Co-Projektleiterin des Projekts Campus Zukunft, ergänzt: „Neben dem Austausch verschiedener Beteiligte aus der HBC, darf der Blick in Stadt und Region aber nicht fehlen.“ So wurden gezielt Akteure aus dem Umfeld eingeladen, sich am Donnerstagnachmittag zu präsentieren.

Uns war es wichtig, insbesondere auch die verschiedenen Studiengänge und Forschungsprojekte aus der Hochschule bei der Veranstaltung einzubinden.

Tobias Götz, Mitarbeiter im Projektbüro Campus Zukunft und hauptverantwortlicher Organisator
7 Personen auf Bühne bei Podiumsdiskussion
7 Personen auf Bühne bei Podiumsdiskussion

Und so war auch ein besonderes Highlight der Nachhaltigkeitstage der Regionaldialog am Mittwochabend zum Thema „Auf dem Weg zur Klimaneutralität“. Zu Gast waren Landrat Mario Glaser, Baubürgermeister Christian Kuhlmann und Iris Ege von der Energieagentur Biberach, die zusammen mit Sabrina Gebert, Studierende der HBC, und Thomas Schwäble, Kanzler der HBC, in einen Austausch gingen.

Moderiert von Anette Schober-Knitz (Pressesprecherin der HBC) und Hartmut Gräter (Klimaschutzmanager des Landes Baden-Württemberg) gab die Runde einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen von Hochschule, Stadt und Landkreis; auch erfuhr das Publikum etwas über die Herausforderungen, mit denen die jeweiligen Institutionen zu kämpfen haben. Ein wesentliches Ergebnis der Podiumsdiskussion war, dass die Gestaltung einer klima- bzw. umweltfreundlicheren Zukunft nur durch enge Zusammenarbeit aller Beteiligten erfolgen könne. So verabredeten Landkreis, Stadt und Hochschule für die Zukunft einen regelmäßigen Austausch der Klimaschutzmanager*innen.

Den Abschluss der Nachhaltigkeitstage bildete ein Vortrag des schweizer Ökonomen Professor Mathias Binswanger, der zu einem Thema sprach, das in den ersten Veranstaltungstagen immer wieder zur Diskussion kam: Der Wachstumszwang unseres aktuellen Wirtschaftssystems. Binswanger zeigte anschaulich auf, weshalb unser derzeitiges Wirtschaftssystem auf kontinuierliches Wachstum angewiesen ist. Im Anschluss an den Vortrag ging das Publikum engagiert in die Diskussion mit dem Wirtschaftswissenschaftler, der nicht frustrieren, aber doch aufrütteln wollte.

„Die Rückmeldungen zur Veranstaltung der Besucherinnen und Besucher, die mich bisher erreicht haben, waren überaus positiv. Insbesondere die abwechslungsreiche Themenvielfalt und die Möglichkeit zum Blick über den Tellerrand hat viele angesprochen“ sagt Götz. „Es freut mich sehr, dass wir den Gästen ein paar neue Denkimpulse mitgeben konnten und zu spannenden Diskussionen anregen konnten.“

Innovationsmeile mit Ständen
Innovationsmeile mit Ständen

Dem Begriff der Nachhaltigkeit auf der Spur
Professor Gotthold Balensiefen, Nachhaltigkeitsbeauftragter der HBC, eröffnete die Nachhaltigkeitstage mit einem Impulsvortrag zur Herkunft und Bedeutung des Begriffs Nachhaltigkeit. Ursprünglich aus der Forstwirtschaft des 18. Jahrhundert. stammend, erlebte der Begriff einige Bedeutungsänderungen insbesondere gegen Ende des 20. Jhd. Im Sinne der Umwelt- und Nachhaltigkeitsgerechtigkeit ist damit heute der pflegliche, vorsorgende und gerechte Umgang mit Ressourcen gemeint, sodass global (Umwelt) und für die kommenden Generationen (Nachwelt) ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht wird.

Wie die Hochschule Energie einspart
Im Beitrag zur Energiesparkampagne der Hochschule erklärte Professor Alexander Floß (Studiengang Energie-Ingenieurwesen) die notwendigen Hintergründe zur erforderlichen Energieeinsparung. Anschaulich zeigte er auf, dass der Preisanstieg für Energie nicht nur eine Folge des Ukraine-Krieges ist. Auch nach Ende des Krieges müsse mit einem hohen Preisniveau für Energie gerechnet werden – damit bleibe das Einsparen von Energie auch aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung zum Klimaschutz ein großes Thema. Welche Maßnahmen die Hochschule im kommenden Winter ergreift und wie über eine neue Energiezählerinfrastruktur die Energieverbräuche der Hochschule gemonitort werden (Pilotprojekt EnMa-HAW), wurde ebenfalls erläutert.

Was wir von der Geschichte lernen können
Professor Ole Fischer (Studiengang Architektur) nahm die Zuhörer in seinem Vortrag auf eine Reise mit ins mittelalterliche Südostasien, in dem das Reich der Khmer aufgrund guter Handelsbeziehungen innerhalb kurzer Zeit an Einfluss und Größe gewann. Die mit dem wirtschaftlichen Wachstum einhergehende Vergrößerung der Städte und das Zurückdrängen des Waldes führten letztendlich zu einem genauso schnellen Niedergang. Die Khmer hatten die natürlichen Ressourcen überstrapaziert und sich durch eine selbstgemachte ökologische Katastrophe selbst dem Untergang geweiht. Im anschließenden Austausch wurde darüber diskutiert, welche Lehren sich aus der Geschichte für die Gegenwart ziehen lassen. Weitere Vorträge beschäftigten sich mit den Themen Bioökonomie als innovativer Weg in die Nachhaltigkeit sowie den Gelingensbedingungen und der Evaluation transformativer Projekte.

Clean-Up Walk für Schüler*innen
Das International Office führte mit Schüler*innen lokaler Gymnasien eine Müllsammelaktion entlang des Ratzengrabens in Biberach durch. Im Anschluss debattierten die Schülerinnen und Schüler zum Thema Biologische Alternativen zu Plastik, worauf sich die Schüler*innen im Vorfeld der Veranstaltung vorbereitet hatten. 

Initiativen aus der Region

Am letzten Nachmittag waren verschiedenen Akteure aus der Region zu Gast. Das Projekt Naturvielfalt Westallgäu informierte mit einer Wanderausstellung über die ökologische Bedeutung von Mooren. Die SoLaWi Bad Waldsee warb für neue Modelle einer solidarischen Landwirtschaft und verkaufte lokal erzeugtes Gemüse. In einem Workshop mit dem Haus der Nachhaltigkeit Ulm beschäftigten sich die Teilnehmer*innen mit den Schwächen der Entscheidungsfindung mit dem Mehrheitsprinzip. Im Anschluss wurde eine neue Form der partizipativen Entscheidungsfindung live erprobt. Das „Systemische Konsensieren“, bei dem bei der Abstimmung nach Ablehnung statt Zustimmung gefragt wird, stieß bei allen Teilnehmenden auf Anklang. Anhand des Praxisbeispiels konnte gezeigt werden, dass mit dieser Methode Entscheidungen getroffen werden, die in Summe den geringsten Widerstand erzeugen und damit am meisten Akzeptanz erhalten.

Info:

Die HBC möchte sich im Bereich Nachhaltigkeit verstärkt und aktiv mit weiteren Akteuren aus der Region vernetzen. Wer an einer Zusammenarbeit interessiert ist, kann sich direkt beim Projektbüro Campus Zukunft melden: campus_zukunft@hochschule-bc.de