Wir kennen es aus vielen amerikanischen Filmen: Campus und Football gehören einfach zusammen. Der College-Sport bringt viele NFL-Stars (National Football League) hervor und so mancher Studierender bekommt seinen Studienplatz nur über ein Footballstipendium. In Deutschland hingegen scheint es keine Verbindung zwischen Football und Universität bzw. Hochschule zu geben. Und meist steht das Studienangebot, die Stadt oder die Nähe zu Familie und Freunden im Vordergrund, wenn sich junge Menschen für ein Studium entscheiden.
Das war auch bei Michael Diller und Timo Hetze ein Grund, weshalb sie sich für die Hochschule Biberach (HBC) entschlossen haben. Das praxisorientierte Angebot hat sie begeistert – beide haben sich für kooperative Studienmodelle entschieden. Wichtig war ihnen aber auch, dass sie während des Studiums ihr Hobby weiterführen können: Sie spielen Football und haben „bei der Wahl des Studienorts geschaut, wo es ein Team gibt.“ In Biberach sind sie schließlich fündig geworden und jetzt Teil der „Biberach Beavers“.
Michael Diller studiert im dritten Semester Bauingenieurwesen PLUS an der HBC. Das heißt er kombiniert Ausbildung und Studium und hat nach fünf Jahren gleich zwei Abschlüsse in der Tasche. Sein Interesse für die Baubranche habe er während eines Ferienjobs entwickelt: „Man plant und baut selbst Gebäude, Tunnel oder Straßen und hinterlässt so etwas für die nächsten Generationen. Vor allem, dass ich meine Arbeit sehen und anfassen kann, begeistert mich.“ Mitten im Lockdown hat der 20-Jährige sein Studium begonnen – digital und ohne physischen Kontakt zu seinen KommilitonInnen. In der neuen Stadt war es so für den gebürtigen Heidenheimer schwierig, Kontakte zu knüpfen und Freundschaften zu schließen.
Im März 2021 war er dann zum ersten Mal beim Training der Biberacher Footballmannschaft. „Ich wurde direkt aufgenommen. Alle waren total freundlich und inzwischen habe ich über den Sport viele Freunde gefunden.“ Auch seinen Kommilitone Timo Hetze hat er über den Football kennengelernt. Früher haben sie in Heidenheim in der Jugend zusammengespielt und jetzt treffen sich ihre Wege wieder in Biberach.
Erst im April hat Hetze sein Energie-Ingenieurwesen-Studium im Biberacher Studienmodell Technische Gebäudeausrüstung (TGA) an der HBC begonnen. In der ersten Phase hat er eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker absolviert. Parallel zur betrieblichen Ausbildung hat er bereits an Veranstaltungen aus dem Studiengang teilgenommen. Seit diesem Semester ist er vollständig am Campus und studiert Energie-Ingenieurwesen mit der Vertiefungsrichtung Gebäudesysteme. Für Praxisphasen und die Bachelorarbeit kehrt er wieder in seinen Ausbildungsbetrieb zurück. „Das Footballtraining hilft mir, den Kopf freizubekommen und einen Ausgleich zu Arbeit und Studium zu haben“, schwärmt der 21-Jährige. Während er sich beim Studium mit der Erzeugung, Nutzung und Weiterentwicklung von Energie in Gebäuden befasst, geht es ihm beim Football darum, „selbst Energie zu tanken und in eine andere Welt zu schlüpfen.“
Eine andere Welt ergibt sich vor allem durch die amerikanische Herkunft der Ballsportart. Das Drittligateam Beavers hat mehrere Importspieler aus Amerika und auch der Headcoach, Oscar Vazquez-Dyer, ist in den USA geboren. Das Training findet daher häufig auf englisch statt. „Die internationale Atmosphäre, das Kennenlernen anderer Kulturen und natürlich das Sprechen auf englisch, bringen mich auch im Studium weiter.“ Sowohl Michael Diller als auch Timo Hetze träumen davon, ein Auslandssemester zu absolvieren – natürlich am liebsten in einem Land, wo Football gespielt wird. Die Hochschule Biberach, die die Internationalität ihrer Studierenden fördern und auch für Incomings mehr internationalen Flair anbieten möchte, sieht in der Biberach Footballmannschaft großes Potential. „Gerade für unsere Austauschstudierenden ist dieses multinationale Sportangebot ein Zeichen für Weltoffenheit und eine tolle Gelegenheit, sportliche Aktivitäten weiter auszubauen oder neu zu entdecken“, so Prof. Dr. Jens Winter, Prorektor für Internationales und Lebenslanges Lernen. Und so wirbt die HBC bei den amerikanischen Partnerhochschulen bereits mit den Beavers um footballspielende Studierende.
In Biberach planen die Beavers gemeinsam mit der Verfassten Studierendenschaft der HBC ein Tryout-Training im kommenden Semester, bei dem alle interessierten Studierenden zum Probetraining kommen dürfen. Auch zu den normalen Trainings lädt der Verein herzlich ein. „Das Schöne an unserem Sport ist, dass wir jeden brauchen können: Egal ob klein, groß, zierlich oder kräftig, schnell oder langsam – jede Körperform ist für Football geeignet“, erklärt Diller. Wichtig sei es, Lust und Energie zu haben. Und etwas Mut gehöre auch dazu: „Am Anfang hatte ich echt Angst, wenn da so ein Muskelpaket auf mich zu gerannt ist. Aber mit der richtigen Technik hat man nichts zu befürchten.“
Neben der Technik und den Englisch-Skills, lernen die beiden Studierenden beim Football vor allem, sich aufeinander verlassen zu können und als Team zu agieren. Auch hier gibt es Parallelen zum Studium an der HBC, in dem viele Projekte gemeinsam erarbeitet werden und der Kontakt zwischen Lehrenden und Lernenden persönlich ist. So scheint es, dass Football und Hochschule auch hierzulande nicht allzu weit auseinander liegen.
Foto: Insgesamt vier Studierende der Hochschule Biberach spielen aktuell in der Seniorenmannschaft der Biberach Beavers. V.l.n.r Patrick Beck, Michael Diller, Urs Koch, Timo Hetze. ©Biberach Beavers
Info: Das Training der Herren-Seniorenmannschaft findet jeweils Dienstag und Donnerstag von 19:30 bis 21:30 Uhr auf dem TG-Übungsfeld statt. Ein Frauenfootball-Team gibt es leider nicht, dafür ein Cheerleading-Team. Die Beaverettes trainieren dienstags von 20 bis 22 Uhr in der Sporthalle der Mittelberg Schule.