Ob Straßen oder Gleise, Brücken oder Tunnel – Infrastrukturbauprojekte im Verkehrswesen verbinden Orte wie Kontinente miteinander und prägen unsere Umwelt. Immer sind es komplexe Vorhaben, denen eine detaillierte Planung zugrunde liegt – erstellt von Ingenieur*innen. Um angehende Bau-Projektmanager*innen an diese anspruchsvolle Aufgabe heranzuführen, bindet die Hochschule Biberach (HBC) Praxisprojekte in die Lehre ein, in deren Rahmen die Studierenden unter realistischen Bedingungen eigene Teilprojekte planen.
Eine solche Projektarbeit hat Professor Dr.-Ing. Florian Schäfer in Bad Waldsee gefunden und einem Team aus 13 Studierenden aus dem sechsten Semester als Aufgabe gestellt: Für einen bestehenden Bahnübergang sollten sie bürgerfreundliche und nachhaltige Alternativen entwickeln. Denn „die bisherige Lösung ist technisch in die Jahre gekommen und nicht optimal für den Verkehrsfluss innerhalb der Stadt“, so Schäfer.
Prof. Dr.-Ing. Florian Schäfer
Partnerin des Praxisprojektes war die Deutsche Bahn. „In dieser Zusammenarbeit haben wir tiefe Einblicke in Gleisbau und Zugverkehr erhalten“, berichtet die Studentin Dilara Ayci. Der verantwortliche Fahrdienstleiter für den Zugverkehr in Bad Waldsee gewährte den Studierenden einen Blick hinter die Kulissen und führte sie durch die technische Anlage: Signale, Weichen und Schranken – die Studierenden wurden in die gesamte Sicherheitstechnik eingewiesen und durften das mechanische Stellwerk selbst bedienen. „Es war beeindruckend, die Weichen mit eigener Kraft zu stellen – und ziemlich anstrengend“.
Die Besichtigung der Anlage vor Ort zeigte den Studierenden deutlich auf, wie komplex ein Bahnübergang ist und wie wenig davon für Unbeteiligte sichtbar wird. „Es gibt viele Prozesse, die im Hintergrund für den sicheren Betrieb ablaufen und von entscheidender Bedeutung sind“, so die Studentin.
Um die Vorgänge rund um eine solche Bahnanlage verstehen zu können, setzte das Projektteam zudem auf eine besondere Technik: Zwei Mal erkundeten die Studierenden das Areal mit einer Drohne; die Flüge hatten sie vorab selbstverständlich genehmigen lassen. „Die Aufnahmen haben uns die Anlage aus einer zusätzlichen Perspektive dargestellt, was für die Planung sehr hilfreich war“, so Alessio Becher, der die Rolle des Projektleiters übernommen hat und einen Drohnenführerschein besitzt. Auch die Rückmeldungen der Partner – neben der Deutschen Bahn das Regierungspräsidium Tübingen – waren begeistert von dieser Initiative, mit denen Becher die üblichen Methoden ergänzte.
Nach der Ermittlung der Grundlagen und Randbedingungen entwarf das Team verschiedene Varianten, bewertete diese und arbeitete die bevorzugten Lösungen weiter aus“, berichtet Schäfer, der im Studiengang Bau-Projektmanagement Verkehrswesen lehrt. Am Ende des Projekts präsentierten die Studierenden ihre Konzepte – und erhielten viel Lob. Ihre Ergebnisse und Vorschläge fließen nun in die weiteren Überlegungen ein. Denn der Bahnübergang soll tatsächlich umgebaut werden – technisch, aber auch was die Verkehrsführung anbelangt. „Dass unsere Machbarkeitsstudie als Basis für die weitere Planung der Stadt Bad Waldsee und der Deutsche Bahn dient, ist für unser Team ein tolles Feedback“, sagt der Projektleiter Alessio Becher.