Schaffen wir die Energiewende? Diese Frage stellte der Studiengang Energie-Ingenieurwesen der Hochschule Biberach (HBC) im Rahmen einer Podiumsdiskussion in der vergangenen Woche: Die Antwort war einfach und gleichermaßen komplex: Nicht um das „Ob“, sondern das „Wie“ müsse es gehen – und zwar schnell, waren sich die geladenen Expert*innen einig. Planungssicherheit, weniger Bürokratie, technologische Entwicklungen und ein gesellschaftlicher Grundkonsens seien notwendig, um aus dem Reden ins Tun zu kommen, so die Runde.
Diese setzte sich zusammen aus Patrick Detzel, geschäftsführender Vorstandsvorsitzender der Baugenossenschaft Biberach und Professor Dr. Frank R. Schilling, der Technische Petrophysik an der Fakultät für Bauingenieur-, Geo- und Umweltwissenschaften am Karlsruhe Institut für Technologie (KIT) lehrt und das Landesforschungszentrum Geothermie leitet. Für den erkrankten Dr. Holger Ruf von den Stadtwerken Ulm/Neu-Ulm Netze sprang Professor Dr.-Ing. Roland Koenigsdorff ein, der die Veranstaltung zu Beginn mit einem Impuls eröffnete. Koenigsdorff lehrt an der HBC ist Simulationstechnik, Energiekonzepte und Geothermie und ist stark in der Forschung engagiert. Von der HBC standen zudem Dr. Katrin Schaber auf dem Podium, Professorin für Erneuerbare Energien, Sektorenkopplung, Flexibilitätsmärkte und Energieinformatik im Studiengang BWL (Energie und Klimaschutz), sowie Lena Lisowski, Studentin des Energie-Ingenieurwesens und Initiatorin des Abends.
Dass die junge Ingenieurin, die aktuell an ihrer Bachelorthesis schreibt, mit dieser Idee das Interesse des Publikums getroffen hatte, zeigte sich an den Besucher*innenzahlen: Die Menschen strömten in die Aula am Campus Stadt und in aller Eile wurden weitere Stühle bereitgestellt. Moderator Volker Wachenfeld von der Hochschule Biberach eröffnete die Diskussion mit der zentralen Frage an das Publikum: „Schaffen wir die Energiewende?“ Das Meinungsbild war alles andere als eindeutig, mit einem leichten Plus auf der Seite derjenigen, die zuversichtlich mit Ja abstimmten (54 % : 46 %). Am Ende der Veranstaltung sollte die Gegenprobe erfolgen.
Die Menschen seien durch den Krieg und die damit verbundene Energiekrise alarmiert und verunsichert, erläuterten die Diskutant*innen, und auch für die Politik sei die Situation „verdammt schwer“ (Schilling), schließlich sei in Krisen nur ein „Planen auf Sicht möglich“ (Schaber). Um so wichtiger, sei es, dass sich die Gesellschaft technologischen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen zeige und einen Konsens bezüglich der notwendigen Maßnahmen erreicht werde. „Nicht jede Windanlage ist schön“ brachte es Schilling auf den Punkt, der dennoch ein Agreement für solche und andere Anlagen forderte. Und Prof. Katrin Schaber ergänzte: „Die Pandemie hat gezeigt, dass wir als Gesellschaft in der Lage sind, agil und schnell zu handeln“. Auch die aktuelle Situation müsse als Chance genutzt werden, um die richtigen Impulse zu setzen. Dabei verwies die Professorin auf die „Macht der kleinen Schritte“, die Wirtschaftsminister Robert Habeck bereits im Sommer ausgerufen hat. Scheinbar banale Maßnahmen wie ein hydraulischer Abgleich von Systemen könnten 15% Energieeinsparung bringen, sagte Habeck damals – dieses Potenzial müsse in der Summe von 41 Millionen Haushalten betrachtet werden und dies mache einen erhebklichen Unterschied. Schaber äußerte sich zuversichtlich, dass mit der richtigen Haltung und den richtigen Entscheidungen viel erreicht werden können.
„Wir brauchen teilbare Einfamilienhäuser“
Patrick Detzel macht sich für bessere Rahmenbedingungen stark: Bürokratie müsse abgebaut, Planungs- und Finanzierungssicherheit gegeben sein. „Auch die Banken müssen mitmachen“, forderte er, „denn die Gefahr einer Immobilienblase bahnt sich bereits an“. Prof. Koenigsdorff brachte die Frage auf, wie sinnvolle Stadt- und Wohnungsplanung in der Zukunft aussehen könne. „Wir brauchen teilbare Einfamilienhäuser“, sagte er, denn wenn der Pflegenotstand weiter fortschreitet, ziehen wir in Alten-WGs“. Auch die Potenziale seriellen Sanierens von Gebäuden wurden angeführt.
„Und wie steht es um das Recht auf Zukunft nachkommender Generationen?“, wollte Volker Wachenfeld mit Hinweis auf die Stiftung „Generationengerechtigkeit“ von Lena Lisowski wissen. Die junge Energie-Ingenieurin positionierte sich klar: „Je früher wir anfangen, desto leichter tun wir uns als Gesellschaft“ sagte sie und verwies damit auch auf das, was in der Vergangenheit untersäumt wurde.
Am Ende der Veranstaltung stellten die Veranstalter dem Publikum nochmals die Frage: Schaffen wir die Energiewende? Das Bild war ähnlich wie zu Beginn, doch Moderator Wachenfeld stellte im Vergleich eine leichte Zunahme auf Seiten der Ja-Stimmen fest (65% : 35%). „Wir konnten Sie also optimistischer stimmen“, zeigte er sich zufrieden mit dem Ergebnis – und dem Verlauf der Podiumsdiskussion.