Viele Schülerinnen und Schüler, die in diesem oder letzten Jahr Abitur gemacht haben, fragen sich aktuell: Wie geht es weiter? Welche Möglichkeiten bieten sich in der Fakultät Biotechnologie?

Hans Kiefer: Wir untersuchen, wie man mit Hilfe von Zellkulturen wertvolle Hightech-Produkte herzustellen kann. Hierfür bieten wir in den Studiengängen Pharmazeutische oder Industrielle Biotechnologie eine solide Grundausbildung; die anschließende Spezialisierung besteht in den Produkten und deren Einsatz: einmal geht es um hochwirksame biopharmazeutische Medikamente, das andere Mal um technische Produkte wie beispielsweise Enzyme, die chemische Synthesen effizienter und ressourcenschonender machen können.

In Corona-Zeiten gelten besondere Regeln, auch an Hochschulen. Das zurückliegende Sommersemester hat nahezu ausschließlich online stattgefunden. Gab es Ausnahmen von der Regel?

Hans Kiefer: Das stimmt, alle Vorlesungen und Seminare an der HBC fanden online statt. In der Fakultät Biotechnologie haben wir uns jedoch entschlossen, Praktika, wo immer möglich, im Labor stattfinden zu lassen. Dafür haben wir ein Sicherheitskonzept erarbeitet, mit dem das Infektionsrisiko minimal gehalten werden konnte. Auch die Prüfungen konnten in allen Studiengängen vor Ort stattfinden, so dass die Studierenden nicht ein weiteres Mal mit einer unbekannten Situation konfrontiert wurden, die den Prüfungsstress noch weiter verschärft hätte.

Welchen Stellenwert haben Laborpraktika im Studium?

Hans Kiefer: Die Praktika sind ein ganz wesentlicher Teil unserer Studiengänge. Die Handhabung von Laborgeräten, der Umgang mit Steuersoftware für unterschiedliche Anlagen, das Planen, Umsetzen, Auswerten von Experimenten und die anschließende Ergebnisanalyse und Fehlersuche: All das sind Fertigkeiten, die man nur durch eigenes Ausprobieren erwerben kann. Der hohe Praxisanteil und die Laborausstattung sind sicherlich Alleinstellungsmerkmale unserer Studienangebote.

Wie wurden die außerordentlichen Praktika organisiert und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Hans Kiefer: Beim Erstellen des Sicherheitskonzept hatten wir natürlich den Vorteil, dass wir uns berufsbedingt mit Hygiene ganz gut auskennen. Zusätzlich wurden wir von der Hochschulleitung maßgeblich unterstützt, auch von den KollegInnen aus dem Bereich Arbeitssicherheit. Anders als in einem normalen Semester konnten wir die Labore nur teilbelegen, so dass es täglich mehrere Schichten gab.

Wie haben Sie die Situation selbst erlebt und wie waren die Rückmeldungen der Studierenden?

Hans Kiefer: Für mich war es spannend zu sehen, wie gut die Übergabe laufender Experimente an die nachfolgende Schicht funktioniert hat. Zum ersten Mal mussten wir niemanden von den Vorteilen eines elektronischen Laborbuchs überzeugen. Die wartende Gruppe konnte von außen live mitverfolgen, was im Labor vor sich ging, inklusive der unvermeidbaren Fehlschläge. Geradezu rührend war es, mehrfach von Studierenden zu hören, dass sie froh seien, endlich wieder an die Hochschule kommen und etwas Praktisches tun zu dürfen. Das habe ich in den fast dreizehn Jahren, die ich mittlerweile an der HBC bin, noch nicht so oft gehört.

Was können Sie daraus für das kommende Semester ableiten? Und wie wird das Wintersemester voraussichtlich ablaufen?

Hans Kiefer: Wenn die Infektionszahlen nicht wieder massiv ansteigen, was ich nicht hoffe, wird die HBC im Wintersemester wieder mehr Präsenzveranstaltungen wagen. Geplant ist, vor allem für die ersten beiden Semester möglichst viel vor Ort anzubieten, damit sie sich untereinander und den Campus und die Stadt kennenlernen können. Bei den höheren Semestern ist ein Hybridbetrieb vorgesehen. D.h., es wird Online-Vorlesungen geben, aber so manche Feedback-, Übungs- oder Fragestunde soll vor Ort stattfinden, da wir gelernt haben, dass in einem Hörsaal die Hemmschwelle, Fragen zu stellen und in Diskussionen einzusteigen, viel niedriger liegt als in einer Onlineveranstaltung.

Gilt das auch für die anderen Studiengänge der HBC?

Hans Kiefer: Unbedingt! Der Wunsch nach Normalität ist in allen anderen Bereichen groß. So hoffen zum Beispiel die Architekturstudierenden, wieder im Zeichensaal arbeiten und am Campus Modelle bauen zu dürfen. 

Wie bereiten sich Sie und Ihre KollegInnen darauf vor?

Hans Kiefer: Nun, was Flexibilität angeht, zeigt unsere Lernkurve seit dem vergangenen Semester notgedrungen steil nach oben. Aktuell haben wir deutlich mehr Vorlaufzeit als zuletzt, aber natürlich müssen wir mit unterschiedlichen Szenarien planen. Wir wissen schließlich nicht, wie sich die Coronakrise weiterentwickelt. Die Fakultäten erstellen derzeit alle ihre Lehrkonzepte, die von wahrscheinlichen Annahmen ausgehen. Und alle wissen, dass die Konzepte möglicherweise im laufenden Semester der aktuellen Lage angepasst werden müssen.

Wie ist der Studienstart für Erstsemester im WiSe konkret geplant?

Hans Kiefer: Da sind wir gerade noch am Planen. Das Semester für die Studienanfänger beginnt am 12. Oktober mit einer Starterwoche, in der es darum geht, die Hochschule und ihre Abläufe kennenzulernen. Im vergangenen Semester hat diese Woche komplett virtuell stattgefunden. Da haben es die jetzigen Studienanfänger besser: Sie können hoffentlich an die Hochschule kommen. Danach geht es dann los mit Vorlesungen und bei uns auch mit Praktika.

Welche Tipps haben Sie für Studienbeginner?

Hans Kiefer: Mitunter werden die Erstsemester das Gefühl haben, ins kalte Wasser springen zu müssen. Aber keine Sorge: Wissenslücken lassen sich schließen! Mitbringen sollten sie ein wenig Geduld und sehr viel Neugierde. Im Studium erwarten wir sehr viel Eigeninitiative. Wenn etwas nicht verstanden wird, sollten Erstsemester ihre DozentInnen mit Fragen löchern. Wir haben uns diesen Beruf herausgesucht, weil wir glauben, Dinge gut erklären zu können. Da darf man uns ruhig auf die Probe stellen!

Für Kurzentschlossene: Wie lange kann man sich noch für ein Studium bewerben?

Bewerbungen sind online bis zum 20. August möglich. Und falls Biotechnologie nicht die Wunschrichtung ist: An der Hochschule Biberach gibt es natürlich noch eine ganze Reihe von Studiengängen, etwa Architektur, Energie- oder Bau-Ingenieurwesen, Projektmanagement sowie die BWL-Studiengänge Bau und Immobilien oder Energiewirtschaft.

Die Fragen stellte Anette Schober-Knitz, Pressesprecherin der Hochschule Biberach

Bildinformation: Professor Hans Kiefer im Labor mit dem Doktoranden Christoph Keysberg. Aufgrund von Corona tragen die Wissenschaftler Mundschutz - so werden auch die Studierenden im kommenden Wintersemester, das als Hybrid-Semester geplant ist - ihre Labprpraktika an der Hochschule absolvieren. Foto: HBC