Die Berufswelt verändert sich – nicht nur durch die aktuelle Pandemie. Was das zum Beispiel für junge Menschen bedeutet, die sich für einen Beruf oder ein Studium entscheiden, darüber haben wir mit Vertretern verschiedener Unternehmen gesprochen. Etwa dem Personalleiter bei Liebherr-Components Biberach GmbH, Wilhelm Kohler, oder dem Leiter des Regionalzentrums der Netze BW Biberach, Thomas Stäbler, sowie Markus Steck, Alumnus der Hochschule Biberach (HBC) und heute Direktionsleiter der Ed. Züblin AG, Ulm.

Die Pandemie setzt der Gesellschaft, aber auch der Wirtschaft zu – mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich aktuell konfrontiert?

Wilhelm Kohler: Wie in allen Lebensbereichen verlangt die Situation ein ständiges Justieren, je nach aktueller Pandemielage. Wo es möglich ist, wird mobil gearbeitet, in anderen Bereichen existieren Hygienekonzepte. Zum Stillstand kamen unsere Branchen zum Glück nicht. 

Wie wird sich die Geschäftswelt langfristig verändern? 

Markus Steck: In der Bau und Immobilienbranche kam es durch die Pandemie zu einer Verschiebung: Weniger Hotels, mehr Wohnungsbau. Digitalisierung und Nachhaltigkeitsanforderungen werden die Abläufe in nahezu allen Branchen langfristig verändern. 

Thomas Stäbler: Die Energiewirtschaft hat sich in den vergangenen Monaten tatsächlich als krisensicher herausgestellt. Aktuell arbeiten wir wie viele andere mit voller Kraft, wo immer möglich, von zu Hause aus. Digitalisierung und Enerigiewende aber stellen uns vor ganz andere Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Für diese gewaltige Transformation brauchen wir kluge Köpfe und bieten spannende Aufgaben – nicht nur aktuell, sondern in den kommenden Jahren und Jahrzehnten.

Wilhelm Kohler: Liebherr ist ein Global Player und muss in den unterschiedlichen Geschäftsfeldern auf dem Weltmarkt bestehen. Die Pandemie hat uns temporär beeinträchtigt, aber das ist mittlerweile gut unter Kontrolle. Die Transformation der Fertigungsprozesse – Sie kennen alle das Schlagwort Industrie 4.0 –, stellt für uns die größere Herausforderung dar. Das ist ein Changeprozess, der nicht nur die Technologie, sondern viel mehr die Ablauforganisation und die Grundhaltung der Mitarbeiter betrifft. Hier wird betriebswirtschaftliches Knowhow und unternehmerisches Fingerspitzengefühl verlangt.

Was bedeutet das für junge Menschen und deren künftiges Berufsleben? 

Thomas Stäbler: Sie werden in ihrem Berufsleben immer wieder Veränderungen erleben. Dafür brauchen sie ein breites Fachwissen und Problemlösungskompetenz, aber vor allem Neugier auf diese Veränderungen und die Bereitschaft zur persönlichen und organisatorischen Weiterentwicklung.

Die Hochschule Biberach will dem Wandel in der Berufswelt mit einer veränderten Studienprogrammatik begegnen. Zum Beispiel einem Grundstudium BWL und verschiedenen Vertiefungsrichtungen. Was versprechen Sie sich davon? 

Norbert Geiger: Zunächst einmal wollen wir unseren Studierenden eine breit angelegte Orientierungsmöglichkeit bieten, gerade zu Beginn des Studiums, denn viele junge Menschen haben keine konkrete Vorstellung, in welchen Berufen sie später einmal arbeiten wollen. Hier setzen wir mit unserem Konzept an: Im Grudstudium vermitteln wir BWL-Grundlagen, parallel können die Studierenden in verschiedene Bereiche schnuppern und sich anschließend für eine Vertiefungsrichtung entscheiden. Wählbar sind vier attraktive Branchenschwerpunkte. 

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Welche Vertiefungsrichtungen sind für Ihr Unternehmen besonders interessant? 

Markus Steck: Für uns als Bauunternehmen ist natürlich die Vertiefungsrichtung Bau und Immobilien besonders interessant. Absolventen dieser Vertiefungsrichtungen kennen die Besonderheiten dieser beiden Branchen und haben grundsätzlich einen Vorsprung gegenüber Bewerbern mit zum Beispiel einem allgemein ausgerichteten BWL-Abschluss.

Thomas Stäbler: Wir haben Interesse an den Absolventen der Vertiefungsrichtung Energie und Klimaschutz. Sie erlangen fundiertes  Spezialwissen im Bereich der Energiewirtschaft und sind damit für einen Netzbetreiber vielversprechende Nachwuchskräfte. Darüber hinaus stehen den Absolventen alle Entwicklungsmöglichkeiten im gesamten EnBW Konzern offen. 

Wilhelm Kohler: Das Profil Unternehmensführung ist für uns besonders passend. Denn die Studierenden werden gezielt auf die Führungspositionen in internationalen Industrieunternehmen vorbereitet. Sie bringen moderne Managementfähigkeiten mit und haben gelernt, wie man Geschäftsideen entwickelt und umsetzt.

Welche Türen stehen AbsolventInnen offen, die sich für die Vertiefungsrichtungen Wirtschaftsrecht entscheiden? 

Norbert Geiger: Damit bereiten wir Studierende branchenunabhängig darauf vor, in Unternehmen juristische Fragestellungen zu begleiten. AbsolventInnen werden auf Augenhöhe mit FachjuristInnen und an der Schnittstelle von betriebswirtschaftlichen und juristischen Fragestellungen eingesetzt. Übrigens schließen diese AbsolventInnen nicht mit einem Bachelor of Sciene, sondern dem Bachelor of Laws ab.

Sie bieten zudem duale und internationale Studienmodelle an. Welche Vorteile haben Studierende, die sich dafür entscheiden? 

Norbert Geiger: Wer sich in der BWL für ein duales Studienmodell entscheidet, ist bereits während des Studiums in einem Unternehmen angestellt und absolviert eine vollständige kaufmännische Ausbildung. Außerdem  gibt es noch das Modell „Vertiefte Praxis“. Auch hier haben die Studierenden ein Partner-Unternehmen, absolvieren aber keine Lehre. Die Studierenden sind bei uns in den normalen Semesterrhythmus integriert und arbeiten außerhalb der Vorlesungen. Dadurch erwerben sie vertiefte Praxiskenntnisse. Für diejenigen, die Auslandserfahrung sammeln wollen, bieten wir den Bachelor International. Dieses Studienmodell dauert ein Semester länger und die jungen Leute gehen für ein Studien- und ein Praxissemester ins Ausland. Zusätzlich erhalten sie Vorbereitungskurse über interkulturelle Themen, übernehmen u.a. Mentoringaufgaben für ausländische Studierende an der HBC

Haben Sie einen Tipp für junge Menschen, nach welchen Kriterien sie Beruf oder Studium wählen sollten 

Norbert Geiger: Es hilft, sich frühzeitig mit der Frage auseinanderzusetzen und Einblicke zu sammeln. Zum Beispiel über Berufspraktika oder Veranstaltungen wie Studieninformationstage. Vor allem aber sollte man sich fragen, was einen wirklich interessiert, für was man sich leidenschaftlich begeistert. Und wie man dafür eine gute Basis legen kann.

Welche Interessen oder Fähigkeiten sollte jemand für ein BWL-Studium mitbringen? 

Norbert Geiger: Wir suchen junge Menschen, die etwas bewegen wollen und die sich für unternehmerisches Denken interessieren. Der Rest kommt im Studium!

Wie sieht das auf Seiten der Unternehmen aus: Was wünschen Sie sich von  Nachwuchskräften? 

Wilhelm Kohler: Unternehmen profitieren natürlich von diesem Mix aus Basis- und Spezialwissen und dem branchebezogenen Studium. Wer darüber hinaus einen individuellen Schwerpunkt legt – über noch mehr Praxis, Auslandserfahrung oder ein besonderes Engegament  kann darüber hinaus punkten. Personaler suchen immer Menschen mit einer spannenden Vita.

Und wagen Sie eine Prognose: Wann pendelt sich unser Alltag – privat, im Studium und im Job – wieder ein? 

Norbert Geiger: Wir befinden uns im dritten Online-Semester und sind fast schon routiniert. Wir bieten nicht nur Vorlesungen, Seminare und Prüfungen online an, sondern veranstalten Workshops, Webinare mit Praxisvertretern bis hin zu einer digitalen Jobmesse, an der Mitte Mai 80 Unternehmen teilnehmen. Aber natürlich freuen wir uns darauf, dass der Campus wieder zu einem Ort der Begegnung wird. Und wir hoffen sehr, dass sich dieser Wunsch im Laufe des Jahres erfüllt.

Markus Steck:  

Auch die Berufswelt hofft auf Normalität, die wir mit zunhemndem Inpffortschritt sicherlich zurück erhalten. Die spannende Frage aber ist doch: Wie werden wir unseren „Alltag“ nach der Pandemie definieren. Es gilt den Mix zu finden, einerseits die neuen, vor allem digitalen Fortschritte weiter auszubauen und andererseits die sozialen, notwendigen Kontakte wiederherzustellen. 

Personalleiter bei Liebherr-Components Biberach GmbH, Wilhelm Kohler:

Personalleiter bei Liebherr-Components Biberach GmbH, Wilhelm Kohler
Personalleiter bei Liebherr-Components Biberach GmbH, Wilhelm Kohler

Direktionsleiter der Ed. Züblin AG Ulm, Markus Steck:

Markus Steck, Direktionsleiter der Ed. Züblin AG, Ulm
Markus Steck, Direktionsleiter der Ed. Züblin AG, Ulm

Leiter des Regionalzentrums der Netze BW Biberach, Thomas Stäbler:

Leiter des Regionalzentrums der Netze BW Biberach, Thomas Stäbler:
Leiter des Regionalzentrums der Netze BW Biberach, Thomas Stäbler: