Bühnenbild: Lagebesprechung der Studenten mit dem Ingenieurbüro Wasser-Müller und Bürgermeister Jürgen Schell / Fotos: HBC

 

Starkregenereignisse nehmen zu, auch in der Region Biberach. Ein Experte dafür ist Professor Gerhard Haimerl, der an der Hochschule Biberach (HBC) Wasserbau im Studiengang Bauingenieurwesen lehrt. Er weiß, wie sie sich auswirken und welche Schutzmaßnahmen sinnvoll sind, um die verheerenden Folgen einzudämmen. Seinen Masterstudenten zeigt er in diesem Sommersemester anhand eines Realprojektes auf, welche Handlungsschritte notwendig sind. Dafür hat er ein Vorhaben vor der Haustür gefunden, „das die Theorie mit der Praxis in idealer Weise verbindet“, so Haimerl. Die Grundlagen dafür haben sie in ihrem Bachelorstudium bereits gelegt. Hier stehen die entsprechenden Vorlesungen und Laborversuche auf dem Lehrplan.

Partner für das Lehrprojekt sind die Gemeinde Ingoldingen, das Biberacher Ingenieurbüro Wasser-Müller und Software-Spezialist Rehm, mit Sitz in Berg bei Ravensburg. Vor etwa fünf Jahren erlitt der Ortsteil Degernau große Schäden durch ein Starkregenereignis. Das Unwetter zerstörte damals die Hohle Gasse bis auf wenige Meter vollständig; das vom Berg herunterschießende Wasser unterspülte die Straße, riss Kanalschächte weg und tiefe Gräben in den Asphalt. Dies soll sich nicht mehr wiederholen und so bewilligte der Gemeinderat Maßnahmen in Höhe von 1,2 Millionen Euro, um derartigen Überflutungen vorzubeugen. 70 Prozent davon werden durch das Land Baden-Württemberg bezuschusst. So wurden in den vergangenen zwei Jahren bereits zwei Rückhaltebecken gebaut, die verhindern sollen, dass das Entwässerungssystem erneut kollabiert. Weitere Komponenten folgen.

Bildhinweis: Bereits umgesetzte Schutzmaßnahme in der Gemeinde Degerau: Schutzmauer und  Einlaufrechen vor einer Verrohrung / Foto: HBC

Starkregenmanagement Beispiel Degernau
Starkregenmanagement Beispiel Degernau

Die Studienarbeit an einem praktischen Beispiel, dessen bauliche Schutzmaßnahmen zurzeit Schritt für Schritt umgesetzt werden, ermöglicht Einblick in unsere Arbeit

Patricia Wieser, Ingenieurin des Planungsbüros Wasser-Müller

Patricia Wieser ist die zuständige Ingenieurin des Planungsbüros: „Die Studienarbeit an einem praktischen Beispiel, dessen bauliche Schutzmaßnahmen zurzeit Schritt für Schritt umgesetzt werden, ermöglicht Einblick in unsere Arbeit“. Das Erlernen und Anwenden eines hydraulischen Berechnungsprogrammes sei zudem wichtig für das spätere Berufsleben, sagt sie. Mit der Software kann aus der Geländevermessung ein digitales Höhenmodell erstellt und die Ausbreitung des Wassers ebenso berechnet werden wie Strömungsgeschwindigkeit, Abflussmengen oder mögliche Erosionen.

Eine wichtige Erfahrung, weiß Wasserbau-Experte Haimerl, denn Maßnahmen wie die in Degernau sind vielerorts notwendig und gehören zum Berufsalltag. Die Planungen werden durch das Land kofinanziert und deshalb nach einer definierten Vorgehensweise bearbeitet, die ausschließlich zertifizierte Ingenieurbüros durchführen dürfen. „Berufseinsteiger, die bei uns bereits Erfahrungen gesammelt haben, können auf dem Arbeitsmarkt sicherlich punkten“, ist sich Professor Gerhard Haimerl sicher. Und auch die Studierenden sind begeistert: „Die praxisnahe Ausbildung motiviert viel mehr als eine reine theoretische Studienarbeit“, sagt Friedrich Zell und Matthias Stangl ergänzt: „Es ist ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass unsere Ergebnisse vor Ort tatsächlich genutzt werden.“

Bis zum Ende des Sommersemesters haben die fünf Masterstudenten Zeit, ihre Gefährdungsanalyse zu erstellen. Ihre Ergebnisse werden sie den Praxispartnern am 1. Juli präsentieren. Den Auftakt für ihre Studienarbeit bildete eine Begehung vor Ort, die auch Bürgermeister Jürgen Schnell begleitete. Er spricht von einer Win-Win-Situation für alle Beteiligten und vor allem davon, dass die Bevölkerung so den langfristig notwendigen Schutz erhält.

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