Das über 700 Jahre alte Bad zum Raben – erstmals 1299 erwähnt – ist eines der ältesten Bäder am Kurplatz in Baden. Seit zehn Jahren steht das Badgeschoss leer, zuletzt wurde es interimistisch als „Kulturbad“ genutzt. Aktuell wird das geschichtsträchtige Gebäude von der gemeinnützigen Genossenschaft Bad zum Raben und unter der Unterstützung des gemeinnützigen Vereins „Bagni Popolari“ behutsam und denkmalgerecht zum öffentlichen Kulturbad umgebaut. Die Wiedereröffnung ist für 2028 geplant.

Praxisnah und interdisziplinär – Architektur zum Anfassen

Für die Studierenden der Hochschule Biberach bot sich hier ein einzigartiges Erfahrungsfeld, das weit über den Hörsaal hinausreicht. Im Rahmen der praxisorientierten Ausbildung an der HBC konnten sie unmittelbar an einem authentischen Baudenkmal arbeiten, die verschiedenen historischen Bauphasen nachvollziehen und dabei zentrale Inhalte ihres Architekturstudiums vertiefen – von Baustoffkunde über Bauphysik bis hin zu Fragen der Nachhaltigkeit und Baukultur.

Studierende arbeiten an einer historischen Wand
Studierende arbeiten an einer historischen Wand

„Kaum irgendwo kann man ein Haus als lebendiges System so konkret erleben wie hier“, erklärt Prof. Corina Trunz. „Von römischen Grundmauern über ein Passivhaus-Heizsystem durch die Nutzung des 47° warmen Thermalwassers (35‘000l Wasserspeicher im Kern des Hauses und Bodenkanäle) bis hin zu neuzeitlicheren, weniger materialgerechten Eingriffen zeigt das Bad zum Raben, wie vielschichtig Bauen im Bestand konkret sein kann – und wie relevant traditionelles Wissen für heutige Planung ist.“

Vom Recherchieren zum Handanlegen – Lernen im Prozess

Vorab hatten die Studierenden umfangreich zu historischen Putztechniken, Kalkbaustoffen und bauphysikalischen Grundlagen recherchiert. Vor Ort arbeiteten sie in Gruppen mit erfahrenen Fachhandwerkern zusammen: Alte Putzschichten wurden sorgfältig entfernt, Oberflächen untersucht und unterschiedliche Putzmischungen aufgetragen. Dabei standen Materialverträglichkeit, Feuchtigkeitsverhalten und handwerkliche Präzision im Fokus.

Corinna Trunz
Corinna Trunz

Gerade im Umgang mit Bestandsgebäuden zeigt sich, wie wichtig eine fundierte, praxisnahe Ausbildung in der Architektur ist – ein Anspruch, dem die Hochschule Biberach mit ihrem Studium gerecht wird. Der Umbau des Bad zum Raben verfolgt dabei nicht nur ein denkmalpflegerisches, sondern auch ein zukunftsweisendes Ziel: Neben vier naturbelassenen Thermalwasserbecken – darunter ein Originalbecken aus der Belle Époque – entstehen ein Kaltbecken, ein Bistro, eine Bühne, Ruheräume und eine Mediathek zur Bäderkultur. Die chemiefreie Wasseraufbereitung und innovative Wärmerückgewinnungssysteme unterstreichen den nachhaltigen Anspruch des Projekts.

Der Umbau wird gemeinschaftlich getragen – auch das ein Lernaspekt für die Studierenden. Rund 4,5 Millionen Franken sind veranschlagt, etwa ein Drittel davon soll durch Genossenschaftsanteile und Spenden finanziert werden. Die Zusammenarbeit zwischen Hochschule, Handwerk, Genossenschaft und Kommune bietet den Studierenden ein realistisches Bild davon, wie komplexe Planungs- und Bauprozesse in der Praxis gelingen – und welche Rolle sie selbst künftig dabei einnehmen können.

Sponsoring, Handwerksexpertise: 

Ramon Reichle, Birchmeier AG, Alessio Nicoletti, Nicoletti GmbH, Wohlen

Unterstützung Genossenschaft: Marc Angst 

 

Foto: Studentin Kira Kortländer übergitb ein Geschenk an Genossenschaftsmitglied Marc Angst

Geschenkübergabe
Geschenkübergabe

Bagni Popolari gewinnt Werkbundpreis und Publikumspreis

Der Verein Bagni Popolari aus der Schweiz wurde bei der ersten Verleihung des Werkbundpreises für den öffentlichen Raum gleich doppelt ausgezeichnet: Für seine Projekte rund um die heissen Brunnen in Baden und Ennetbaden sowie die Initiative Bad zum Raben erhält er sowohl den Werkpreis 2025 als auch den Prix du Public.

Die Jury lobte besonders die niederschwellige Zugänglichkeit und den sozialen Mehrwert der Projekte. Bagni Popolari schaffe inklusive Begegnungsorte, die Menschen unterschiedlichster Herkunft verbinden – mit aktiver Beteiligung der Badegäste als Vereinsmitglieder, Gäste oder Genossenschafter*innen. Mit dem geplanten Bad zum Raben führt der Verein die lange Bädertradition in Baden (CH) gemeinwohlorientiert in die Zukunft. Am Sonntag, 29. Juni 2025, findet die feierliche Preisverleihung statt, bei der die ausgezeichneten Projekte gewürdigt werden.