„In Darmstadt hat die Geschichte des Passivhauses in den 1980er Jahren begonnen. Dort kann man wie auf einer Zeitreise die Entwicklung des energieeffizienten Bauens erleben. In Frankfurt wird ressourcenintensiv gebaut, wie sonst nur in den Vereinigten Staaten, in der Arabischen Welt oder in chinesischen Metropolen,“ erklärt Prof. Dr. Jan Grossarth-Maticek, Professor für Bioökonomie und Ressourcen, die Wahl für das Exkursions-Ziel. Eine Region voller Kontraste, die unterschiedliche Ansätze des nachhaltigen Bauens auf engem Raum vereint – genau deshalb eigne sie sich für Grossarth-Maticek ideal, um zentrale Fragen des nachhaltigen Bauens zu stellen: Können auch Hochhäuser ökologisch sein? Wie sieht ein Hochhausprojekt mit Nachhaltigkeitszertifizierung aus? Welche Anforderungen stellt die Stadt Frankfurt an Zertifizierungen und Ökobilanzierungen für Neubauten?

Passivhaus Siedlung mit Studenten davor
Passivhaus Siedlung mit Studenten davor

Studentin Kira Kortländer war besonders beeindruckt, „wie umfassend man das Thema Nachhaltigkeit im Bauwesen verstehen kann. Angefangen bei der energetischen Nachhaltigkeit, die wir in der Passivhaussiedlung in Darmstadt erfahren durften, über die Ressourceneffizienz im Industriepark Höchst, bis hin zur Flächeneffizienz der modernen Hochhäuser in Frankfurt.“ Die Exkursion zeigte ihr vor allem, dass Nachhaltigkeit den gesamten Gebäudelebenszyklus betrifft – aber auch davor und darüber hinaus. „Nachhaltiges und energieeffizientes Bauen gelingt nur interdisziplinär. Das Zusammenspiel von Architekt*innen, Ingenieu*rinnen, Fachplaner*innen für Gebäudetechnik und Energie, Bauphysiker*innen, Stadtplaner*innen, Verwaltung und Handwerk muss funktionieren. Einzelne Aspekte wie das Zusammenspiel im Ganzen konnten wir während der Exkursion erleben und nachvollziehen.“

Prof. Michael Wengert, der an der HBC nachhaltige Gebäudekonzeption und transformative Gebäudetechnik sowohl in der Architektur als auch im Energie-Ingenieurwesen lehrt und die Exkursion begleitete, betont die Wichtigkeit von Exkursionen wie dieser: „Die Studierenden lernen die Zusammenhänge und die Komplexität solcher Projekte kennen und begreifen im wörtlichen Sinne, wie ein Gebäude funktioniert.“ Anlagen, Leitungen, Dimensionen und Nutzerperspektiven werden sichtbar – und bleiben im Gedächtnis. Diese physische Erfahrung ergänze die Entwurfslehre und theoretischen Grundlagen des Studiums und bereite die Studierenden darauf vor, später selbst ganzheitliche Entwürfe zu entwickeln.

Dach Technische Hochschule Ulm
Dach Technische Hochschule Ulm

Nachhaltigkeit als Haltung – im Entwurf, in der Materialwahl und in der Stadt

Die Exkursion zeigt, wie sehr sich der Blick auf Materialien, Stadträume und Bestandsstrukturen verändert, wenn Nachhaltigkeit ernst genommen wird. „Die Wahl bestimmter Materialien sollte nicht nur gestalterische Gründe haben, sondern ist auch eine langfristige, ökologische Entscheidung,“ sagt Kortländer. Damit greift sie eine Grundhaltung auf, die im Architekturstudium an der HBC immer wichtiger wird: Entscheidungen sind zugleich ökologische Weichenstellungen. Ob Passivhaussiedlung, Hundertwasserhaus oder das zertifizierte Hochhaus One – die Studierenden erlebten, dass Nachhaltigkeit nicht einem einzigen Ideal folgt, sondern sich je nach Ort, Nutzung und gesellschaftlichen Anforderungen unterschiedlich ausdrückt.

Dieses Verständnis – das Zusammenspiel aus Technik, Architektur, Stadt, Material, Ökonomie und Gesellschaft – sollen die Studierenden an der HBC entwickeln. Die Exkursion vermittelte wertvolle Einblicke und machte deutlich, dass nachhaltige Architektur vor allem eines ist: eine gemeinsame Aufgabe der nächsten Generation von Planer*innen.

Fotos: Kira Kortländer

Über den Dächern von Frankfurt
Über den Dächern von Frankfurt

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