


„Nachhaltig ist das neue normal“: So lautet der Slogan des Non-Profit-Vereins Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), einem europaweiten Netzwerk, dem auch die Hochschule Biberach (HBC) als Mitglied angehört. Studierende der Studiengänge Bauingenieurwesen und BWL Bau und Immobilien haben sich nun mit den Zielen der DGNB befasst.
In ihrem Seminar „Green Building und Lebenszykluskosten“ bei dem Dozenten Matthias Gulde erhielten sie einen ganzheitlichen Überblick sozialer, ökologischer und ökonomischer Handlungsmöglichkeiten, um Nachhaltigkeit in der Bau- und Immobilienbranche realisieren zu können. Am Ende des Semesters haben die Studierenden dann auch die Möglichkeit die entsprechende Prüfung bei der DGNB abzulegen und das begehrte Zertifikat „DGNB Registered Professional“ zu erhalten. „Diese Fortbildung ist für alle Berufseinsteiger*innen geeignet, die im Bereich des nachhaltigen Bauens tätig sein wollen“, sagt Gulde, der das Seminar im Studiengang BWL Bau und Immobilien anbietet.
Die theoretischen Grundlagen verbindet der Dozent jedes Semesters mit einem Realprojekt; diesmal fand er in dem genossenschaftlichen Wohnprojekt „Öko.See-Dorf“ in Schmalegg bei Ravensburg einen Kooperationspartner. Der Verein realisiert Gebäude in verschiedenen Größenordnungen, um Menschen Gemeinschaft, ökologisches Wohnen, faire Baukosten und anteiligen Besitz am Wohnraum zu ermöglichen. Die Studierenden durften ein Objekt untersuchen, das derzeit im Bau ist. Nach den Leitlinien der DGNB betrachteten sie das Bauprojekt aus den verschiedenen Perspektiven und kamen zu dem Ergebnis: Gold!
Insgesamt drei Stufen vergibt die DGNB für Neubauten, außer Gold sind Silber und Platin erreichbar. Betrachtet werden beispielsweise der Verbrauch von Flächen sowie Fragen der Biodiversität, die verwendeten Materialien, die Gebäudetechnik, die Prozesse rund um Planung und Realisierung, die Anbindung etwa an den öffentlichen Nahverkehr; auch Fragen wie Barrierefreiheit, Schallschutz und Innenraumluftqualität werden begutachtet sowie die Gebäudebezogenen Kosten im Lebenszyklus oder zum Beispiel die Klima-Resilienz. Warum das Öko.See.Dorf“ nicht einem Platin-Standard entspricht? „In Bauprozesse müssen immer auch Kompromisse eingegangen werden“, erläutert Matthias Gulde, selbst Architekt, „etwa zwischen Material und Kosten“.
Begleitet wurde das Studienprojekt zudem von dem Büro Stahl+Weiß Freiburg, das sich auf die Energie- und Komfortplanung von Gebäuden spezialisiert hat; auch die Architektin des Öko.See.Dorfs, Martina Lehn vom Büro um.raum in Ravensburg, unterstützte die Studierenden bei ihrer Begutachtung. Alle Beteiligten sind selbst Auditor*innen der DGNB und zertifizieren nach deren Standards Bauprojekte. Gemeinsam mit dem Verein Öko.See.Dorf stellten sie umfangreiche Unterlagen und Daten zusammen, die die Studierenden auswerteten.
Für das Projekt wurden die Studierenden in Teams aufgeteilt; jede Gruppe beschäftigte sich intensiv mit einem spezifischen Themenbereich, berichtet Claude Khasho, Student des Masterstudienganges BWL (Bau und Immobilien). „So haben wir nicht nur die Struktur und Methodik einer DGNB-Zertifizierung besser verstanden, sondern konnten auch die Auswirkungen einer nachhaltigen Bauweise auf den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes nachvollziehen. Besonders aufschlussreich war es dabei, die verschiedenen Zertifizierungsstufen und deren Kriterien kennenzulernen“.
Für Roland Ehry aus dem Vorstand des Vereins war es spannend zu verfolgen, „wie die Studierenden ihre Einschätzungen begründeten und die Diskussion über die Wechselwirkungen der Kriterien auf die Gesamtbewertung führten“. So konnte ein gutes Verständnis aus Sicht der Auditoren und Bauherren entstehen, so Ehry. Auch Dozent Matthias Gulde zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen, die seine Studierenden zum Ende des Wintersemesters präsentierten. Er ist bereits auf der Suche nach einem neuen Projekt, das sich für eine solche DGNB-Probezertifizierung eignet, denn im kommenden Semester wird er das Seminar erneut anbieten.
Den Studierenden zeigte das Realprojekt, wie wichtig es ist, „nachhaltige Bauprozesse ganzheitlich zu betrachten und zukünftige Bauprojekte unter ökologischen, ökonomischen und soziokulturellen Aspekten zu bewerten“, resümiert Masterstudent Claude Khasho.