


In etwa 10-mal so viele Studierende wie an der Hochschule Biberach (HBC) immatrikuliert sind, zählt die California Polytechnic State University (Cal Poly) in Pomona, Kalifornien. Einer der 22.000 Studierenden ist Lukas Pohl. Er hat die HBC im Juni für zwei Wochen im Rahmen der Summerschool, einem Austauschprogramm zwischen der HBC und der Cal Poly, besucht und hier eine ganz andere Art von Hochschulalltag kennengelernt. Dabei ist ihm Deutschland an sich nicht fremd. Denn der angehende Bauingenieur hat deutsche Wurzeln und besucht regelmäßig seine Verwandten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Als er von der Summerschool hörte, war er sofort begeistert. „Nach ein paar Gesprächen mit meinen Professoren habe ich mich für den Austausch entschieden.“ Sein Studium „Civil Engineering“ in Kalifornien sei ideal auf das Bauingenieurwesen-Studium an der Hochschule Biberach abgestimmt. Für den Studenten „a perfect fit“.
Summerschools – die HBC bietet auch mit Hochschulen in Chile und Island solche Programme an – sind ideal, um erste internationale Eindrücke zu sammeln
Auch für Prof. Dr.-Ing. Gerhard Haimerl, Dekan der Fakultät Bauingenieurwesen und Projektmanagement, passt die Kooperation mit der Cal Poly besonders gut, denn er will das Angebot an Austauschmöglichkeiten mit kalifornischen Hochschulen ausbauen. Die Summerschool sieht er dafür „als Wegbereiter und Experimentierfeld“ und vor allem: „Zum gegenseitigen Kennenlernen der Studierenden, aber auch von Professor*innen sowie Mitarbeiter*innen der Institute und dem International Office, denn diese Personen werden die Partnerschaft in der Zukunft gestalten und beleben“, so Haimerl. Summerschools – die HBC bietet auch mit Hochschulen in Chile und Island solche Programme an – wären ideal, um erste internationale Eindrücke zu sammeln, so der Dekan, denn sie nehmen nur wenige Wochen Zeit in Anspruch. „Internationale und interkulturelle Erfahrungen, der Blick von außen auf Europa, Deutschland und die oberschwäbische Region sind essenzielle Schlüsselkompetenzen für die Welt von morgen, deren Herausforderungen nur global zu lösen sein werden“, ist der Dekan überzeugt.
Lukas Pohl hat an seiner Zeit in Biberach besonders gefallen, dass in der 32.000 Einwohner Stadt alles leicht zu erreichen ist: In 10 Minuten ist man zu Fuß am Bahnhof, in 5 Minuten in der Innenstadt. Von seiner Heimat ist er das nicht gewohnt, dort muss man die langen Strecken mit dem Auto zurücklegen. Ob ihm das im Vergleich nicht zu klein ist? „Nein, für mich ist das die perfekte Größe. So lernt man die Studierenden und Professorenschaft viel besser kennen.“ Begegnet ist er in seiner kurzen Zeit an der HBC auf jeden Fall viele Menschen. Direkt zu Beginn seines Aufenthalts hat er das Betonkanuregatta-Team der Hochschule beim Wettbewerb in Brandenburg an der Havel angefeuert und unterstützt. Eine gute Gelegenheit, um in lockerer Atmosphäre und bei guter Stimmung mit seinen Kurzzeit-Kommiliton*innen in Kontakt zu kommen. Ein besonderes Highlight an diesem Wochenende war für Pohl das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft, bei dem gemeinsam beim Public Viewing der erste Deutschlandsieg gefeiert wurde. „Ich bin ein großer Fußballfan und habe die Stimmung und Atmosphäre hier in Deutschland sehr genossen. Dass man sich zum Fußballschauen trifft und alle zusammenkommen, das hat mir gefallen“, erzählt der Student begeistert.
Meistens haben sich die Studierenden privat verabredet – in ihren WGs oder an öffentlichen Plätzen. Im Vergleich zu seinem gewohnten Hochschulalltag in Los Angeles ist das ein großer Unterschied für ihn. Dort spielt sich alles auf dem Campus ab und die Universität organisiert sämtliche Events und Aktivitäten, wodurch eine geschlossene Einheit entsteht. An der Hochschule Biberach hingegen ist der Campus in die Stadt integriert, und abgesehen von ein paar hochschulorganisierten Veranstaltungen im Jahr und der Campuskneipe „Hechtkeller“ ist jede*r Studierende selbst für die Freizeitgestaltung verantwortlich.
Auch in der Lehre bemerkt der Deutsch-Amerikaner Unterschiede: „Hier gibt es keine Anwesenheitspflicht und auch nicht wirklich Hausaufgaben.“ In den USA sei das anders, da während des Semesters regelmäßig Prüfungen geschrieben werden und man kontinuierlich am Ball bleiben müsse – ähnlich wie in der Schule. Die Prüfungen werden erst am Ende des Semesters abgelegt. „Aber ich weiß nicht, was ich besser finde“, lacht der Student unentschlossen.
Seinen Kommiliton*innen in LA und in Biberach empfiehlt Pohl auf jeden Fall, bei der nächsten Summerschool mitzumachen. Für ihn war es ein „big deal“. Neue Leute kennenzulernen, einen anderen Studienalltag zu erleben und allgemein einen Einblick in eine völlig andere Kultur zu erhalten, macht für ihn den Austausch so wertvoll. Und was spielt im Hinblick auf Kultur eine bedeutende Rolle? Richtig: Essen. Auch das kam bei der zweiwöchigen Summerschool nicht zu kurz. Auf die Frage, welches sein deutsches Lieblingsgericht sei, kam prompt die Antwort: „Schnitzel mit Pommes“.
Für mich war es ein big deal, neue Leute kennenzulernen und einen anderen Studienalltag zu erleben
Prof. Haimerl kennt seine Studierenden als interessiert und kontaktfreudig. Er ist sich sicher, dass andere kalifornischen Gäste ebenso gut aufgenommen werden wie Luks Pohl. Zudem erlebt er die HBC und seine Fakultät als flexibel, so kann die Fakultät gut auf individuelle Interessen eingehen. „Wir können Studiengangs-übergreifend Lehrveranstaltungen anbieten, so hat Lukas Pohl zum Beispiel Vorlesungen im Bauingenieurwesen, der Architektur und Energieingenieurwesen besucht“, erläutert er.
Auch der familiäre Charakter der kleinen Einheit HBC zeigt sich bei der Summerschool. Denn wenn die 16 Biberacher Studierenden beim Teil 2 des Programms im August und September Lukas Pohl und seine über 22.000 Kommiliton*innen an der Cal Poly in Kalifornien besuchen, reisen sie vier Wochen lang zusammen mit Dekan Haimerl und Rektor Prof. Dr. Matthias Bahr durch die USA. „Der direkte Austausch mit den Studierenden ist uns wichtig, nicht nur in der Vorlesung, sondern auch auf Exkursionen oder einer Reise wie der Summerschool. Das macht die HBC aus – und besonders“, so Haimerl.
Dann können sie auch herausfinden, ob es das deutsche Lieblingswort von Lukas Pohl, das ihm seine Oma beigebracht hat, auch im Englischen gibt: „Donaudampfschifffahrtskapitänsmütze“ – ob sich das ins Englische übersetzen lässt?