Das Orchester der Hochschule Biberach (HBC) lädt zu Jahresbeginn wieder zu einem Werkstattkonzert ein. Zur Aufführung bringen die Musiker*innen am 15. Januar die Schauspielmusik zu „Les Érinnyes“, eine Tragödie des Schriftstellers Charles Leconte de Lisle mit Musik von Jules Massenet, einem bedeutenden französischen Opernkomponisten des 19. Jahrhunderts (Campus Stadt, Aula, 19 Uhr).
Die heutige Psychologie spricht von transgenerationalen Traumata – die griechische Mythologie fand für die Fortsetzung von Gewalt über Generationen hinweg Bilder wie die der Rachegöttinnen – die Erinnyen. Leconte de Lisles Drama ist eine Bearbeitung der ersten beiden Teile der „Orestie“ des griechischen Tragödiendichters Aischylos.
Massenet schrieb für die Uraufführung zunächst eine Schauspielmusik, die im Wesentlichen für Streicher konzipiert war. Das Vorspiel beginnt mit einem getragenen Trauermarsch, der im Mittelteil von sehr dynamischen Sequenzen abgelöst wird, in denen die aufflammenden Leidenschaften der Akteure und die Schecken der Erinnyen abgebildet werden, um dann wieder in den Duktus des Trauermarsches zu wechseln. Darüber hinaus unterlegt Massenet Monologe mit Musik und verstärkt auf diese Weise die Aussagen.
Massenets Schauspielmusik wurde von Kritik und Publikum gut aufgenommen und festigte seine Position als Komponist. Für die Wiederaufnahme 1876 integrierte er die zunächst auf Wunsch von Leconte de Lisle gestrichen Stücke und arrangierte das gesamte Werk für großes Orchester, was die dramatische Wirkung verstärkte. Schließlich wurde aus der Schauspielmusik eine Suite ausgekoppelt, was maßgeblich zur Popularisierung beitrug – einzelne Stücke werden in Konzertprogramme bis heute als Hits eingebaut.
Unter der Leitung von Prof. Klaus K. Weigele hat das Hochschulorchester die Schauspielmusik während des Wintersemesters vorbereitet. Gemeinsam mit dem YouTuber Michael Sommer (München) und seiner einzigartigen Playmobil-Figuren-Truppe erwecken die Musiker*innen diesen antiken Familienthriller zum Leben.
Dabei eröffnen Hochschulorchester und Michael Sommer mit den Erinnyen eine Trilogie, die im nächsten Jahr mit der Erarbeitung des dritten Teils der Orestie, den Eumeniden, von Aischylos und der Schauspielmusik von Charles Villiers Stanford fortgesetzt wird.
Die Aufführung ist kostenfrei, das Orchester freut sich über Spenden. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.