Innenstädte unter Druck
Corona setzt die Innenstädte unter Druck: Lockdowns, Maskenpflicht und Impfnachweise verderben die Kauflaune, auch Cafés, Kneipen und Restaurants leiden unter den Beschränkungen im dritten Jahr der Pandemie. Die Innenstädte sind leer – dabei klagten kleine wie große Städte in Deutschland schon lange vor Corona über Leerstände und rückläufige Besucherzahlen. „Was tun?“ fragte sich Professor Jochen Weilepp und gab die Aufgabe als Design Challenge an seine Studierenden der BWL an der Hochschule Biberach (HBC) weiter: „Mit welchen innovativen Geschäftsmodellen können wir Gewerbetreibenden in Biberach helfen die Innenstadt nach der Corona-Pandemie wieder zu beleben und nachhaltig attraktiv zu gestalten?“ lautete die konkrete Fragestellung in seinem Seminar, die die Studierenden in Teams bearbeitet haben. Ihre Idee und Lösungsvorschläge haben sie für einen detaillierten Businessplan ausgearbeitet und nun einer hochkarätig besetzten Jury präsentiert.
App bündelt vielfältiges Angebot in Biberach
Besonders positiv aufgefallen ist den Juroren bei diesem Pitch das Team „CiKeLi – Citys kennen und lieben“. Für ihre Präsentation haben Chantal Kögler, Annette Gebert, Anna Thewes und Sebastian Pischetsrieder einen Erklärfilm entwickelt, der ihre Idee charmant und pointiert transportiert.
Hauptfigur ist Lisa, 35 Jahre alt und zum ersten Mal in Biberach. Sie freut sich auf eine Shoppingtour – und wird erst einmal enttäuscht. Denn eine Internetrecherche zeigt ihr lediglich die üblichen Ketten im Innenstadtbereich an; die kleinen Läden, auf die sie sich gefreut hat, sind dort nicht zu finden. Sie liegen abseits des Stadtkerns in der sogenannten 1B Lage und warten vergeblich auf Kundinnen wie Lisa, die nicht ortskundig ist.
Deshalb haben die Studierenden eine App entwickelt, die Biberachs vielfältiges Angebot gebündelt und übersichtlich darstellt und die Lisa kostenlos nutzen kann. Eine Schnittstelle bietet CiKeLi zu Rabattsystemen und Serviceangeboten wie dem ÖPNV oder einer Übersicht mit Veranstaltungen. So ausgestattet gelingt Lisas Shoppingtour; Biberach wird sie in guter Erinnerung behalten und bestimmt mal wieder für einen Einkaufsbummel an die Riss kommen.
Eine Geschichte mit Happy End – für die Protagonistin und das Team CiKeLi, das den Pitch gewinnt und viel Lob von den Juroren erhält. Der Jury gehörten Teile des Stadtmarketings Biberach an, die IHK Ulm, ein Finanzberater von Chancenkapital, die HBC-Gründerinitiative sowie Professor Jochen Weilepp und seine Kollegin Vertretungsprofessorin Isabell Osann.
Design Challenge vereint betriebswirtschaftliche Kerndisziplinen
Die Dozierenden haben das Format für das Fach Strategisches Management gemeinsam entwickelt. „Ziel ist, dass die Studierenden einen Businessplan erarbeiten und dabei die Verknüpfung der einzelnen betriebswirtschaftlichen Kerndisziplinen kennenlernen“, erläutert Jochen Weilepp. Im BWL-Studium werden diese oftmals getrennt voneinander gelehrt. In der Design Challenge dagegen müssen Strategie, Marketing, Organisation, Finanzierung und Buchhaltung gemeinsam gedacht und ausgearbeitet werden. Und so hat sich das Team professionell als Unternehmen aufgestellt und die verschiedenen Verantwortungsbereiche präsentiert, mit Geschäftsführung und Lead für Projektmanagement und Innovationsmanagement (Anna Thewes), für Financing und Vertrieb (Annette Gebert), für Marketing und Business Development (Chantal Kögler) und für IT-Management.
Für diesen Prozess, so die Studierenden, waren das Coaching und Feedback der ProfessorInnen besonders wertvoll: „In der Phase der Ideenfindung haben wir mit Frau Osann und der Design-Thinking-Methode gearbeitet, im weiteren Verlauf fanden Zwischenpräsentationen bei Jochen Weilepp statt“, berichtet Anna Thewes.
Ideen weiter wachsen lassen: Unterstützung der Biberacher Gründerinitiative
Hat die Geschäftsidee „CiKeLi“ tatsächlich Potenzial? Das Biberacher Stadtmarketing jedenfalls wird die Ideen intern diskutieren. Und Marcel Moser von der HBC-Gründerinitiative bietet den Studierenden seine Unterstützung an, für den Fall, dass sie an ihrer Geschäftsidee dranbleiben wollen. „An der Idee hat mir besonders gut gefallen, dass das Team so aktiv in den Kontakt mit potenziellen Nutzern im Biberacher Einzelhandel gegangen ist, damit konnten sie ihr Konzept nah an den Bedürfnissen der Zielgruppe entwickeln“, so Moser. Wenn das Team weitermachen möchte, unterstützt die Gründerinitiative in der Ausarbeitung der Idee und in der konkreten Umsetzung, auch öffnet sie Netzwerke und zeigt Finanzierungsmöglichkeiten auf. „Wer Ideen hat, kann immer bei uns anklopfen“, sagt Marcel Moser. Dies gilt natürlich für alle Teams, die an der Design Challenge beteiligt waren und ungewöhnliche Ideen entwickelt haben: „Biberzon“, eine Online-Plattform für Einzelhändler, die „Subway Card“, mit der Standorte von Restaurants markiert werden, oder „be connected“, eine Geschäftsidee, die zur Wiederbelebung der Biberacher Innenstadt auf E-Scooter setzt.
Bühnenbild: Stadt Biberach/Armin Appel