Bis 2030 muss die Hochschule Biberach (HBC) ihre Campus-Standorte klimaneutral bewirtschaften, parallel gilt es, die Lern-, Forschungs- und Arbeitslandschaften auf die Höhe der Zeit zu bringen. Ein ambitionierter Transformationsprozess, den die Hochschule gemeinschaftlich gestaltet. Vorangetrieben wird der Prozess vom Projektbüro Campus Zukunft. Wir haben mit Cristina Fischer de Saa und Nicole Ottmann gesprochen, die als Teil des Projektbüros Interessierte in den Transformationsprozess einbinden.

Der Campus Biberach soll sich zukunftsfähig entwickeln – wie sieht diese Zukunft aus?

Nicole Ottmann: Wir bewegen uns in einer Zeit voller Wandel: Energie- und Mobilitätswende, Digitalisierung, neue Alltage mit und nach der Pandemie, um nur einige zu nennen. Der Campus als Wissenschaftsstandort soll dafür wie ein Brennglas wirken, der auf aktuelle und zukünftige Herausforderungen neue Antworten findet. Das Spannende ist dabei, von Anfang an multifunktional zu gestalten – grüne Lebensräume für Studierende, Pflanzen und Bäume, flexible Werkstätten und Lernzonen für Forschung und Lehre. Oder auch Klimaneutralität von Sanierung, Neubau bis Betrieb konsequent zu denken.

Frau im Porträt, schwarz-weiß
Frau im Porträt, schwarz-weiß

Das klingt nach einem weiten Weg…

Nicole Ottmann: Ja, der Campus Zukunft braucht Zeit. Und wenn wir Veränderungen wollen, bedeutet dies auch Entbehrungen im Hochschulalltag anzunehmen und sich auf einen gemeinsamen Weg zu verständigen. 

Welche Rolle übernimmt das Projektbüro?

Cristina Fischer de Saa: Das Projektbüro ist eine interdisziplinäre Planungs- und Koordinationseinheit der Hochschulleitung und in Zusammenarbeit mit Kanzler Thomas Schwäble. Alle Maßnahmen der Campusentwicklung werden hier gebündelt – von Machbarkeitsstudien für die zukünftige Energie- und Wärmeversorgung, Planungen für analoge und digitale Werkstätten, bis hin zum Aufbau des ersten Bike-Sharing Systems in Biberach. Energie- und Gebäudeingenieur*innen, Mitarbeiter*innen aus Stadtplanung, Architektur und Mobilitätsexpert*innen arbeiten dafür an einem gemeinsamen Handlungsprogramm.

Frau im Porträt, schwarz-weiß
Frau im Porträt, schwarz-weiß

Welche Aktionsfelder werden bespielt?

Cristina Fischer de Saa: Als Hochschule müssen wir laut Landtagsbeschluss schon bis 2030 vollständig klimaneutral wirtschaften. Das fordert uns auf, Gebäude schnell zu sanieren, Ver- und Entsorgungsprozesse umzubauen und auf Elektromobilität im Dienstverkehr zu setzen. Gleichzeitig darf im Klimakrisenmodus die Qualität der Hochschule nicht leiden. Da wir in einer digitalisierten Zukunft anders lernen, lehren und arbeiten werden, braucht es „Updates“ unserer Flächen. Wir müssen Räume für neue Formate schaffen, Begegnungszonen im Innen- und Außenbereich und die Ordnung der Funktionen und Wegebeziehungen verbessern.

Dies wirkt sicherlich auch in den Außenraum der Hochschule…

Nicole Ottmann: Selbstverständlich werfen wir den Blick auch über den Campus hinaus. Als Hochschule im ländlichen Raum mit hohen Pendleranteilen wollen wir zum Beispiel einen Beitrag zur Mobilitätswende leisten. Auch will die Hochschule die Verzahnung mit der Stadt und ihren Bürger*innen noch intensivieren – schließlich ist Biberach Hochschulstadt, das ist mit Erwartungen verbunden.

Das Mitmachen und Mitgestalten nimmt eine zentrale Rolle in dem Prozess ein. Welche Idee verfolgen Sie damit?

Nicole Ottmann: Wir verstehen die Hochschule als eine Stadt im Kleinen. In ihr lernen und arbeiten ganz unterschiedliche Menschen. Die Stimmen der Vielen wollen wir einfangen, sichtbar machen und im Campusentwicklungsprozess berücksichtigen. Dazu gehört auch, junge Menschen in die Verantwortung zu nehmen. Sie sind am nächsten dran an den Fragen der nachfolgenden Generation.

Wie sehen die Beteiligungsformate für die Hochschulmitglieder aus?

Cristina Fischer de Saa: Wir versuchen Formate auf allen Ebenen der Hochschule anzubieten – von der Gremienarbeit in Senatsausschuss und Beteiligungszirkel, über interdisziplinäre Lehrangebote bis hin zum „offenen Fenster“ im Rahmen unseres wöchentlichen Plancafés. Zusätzlich gehen wir in die aufsuchende Beteiligung – bei Personalversammlung, Studierendenparlament oder verschiedenen Formaten der Hochschulkommunikation. Entscheidungen zur Campusentwicklung unterliegen letztlich der Hochschulleitung unter Beteiligung des Senats. Vor uns liegen nun Entwicklungspfade, die wir transparent und mitgestaltend beschreiten wollen.

Zuletzt lief das Plancafé. Wie funktioniert dieses Format?

Cristina Fischer de Saa: Mit dem Plancafé wollten wir allen Interessierten an der Campusentwicklung Einblicke gewähren und ihnen einen Ort zur Mitgestaltung bieten. Jeden Mittwoch haben wir dazu ein Fenster im Erdgeschoss des Gebäudes C am Campus Stadt geöffnet. In verschiedenen Formaten – von World Café und Planspiel bis zum gemeinsamen Spaziergang, oder der Salat-Bar – konnten wir zum Kennenlernen einladen, suchten nach Einblicken und skizzierten gemeinsam Zukunft. In der ersten Phase entstand eine Sammlung „Wo der Schuh drückt“. In der zweiten Phase beginnen wir gemeinsam Zukunftsideen zu gestalten – in Workshops, am Modell oder im verarbeitenden Gespräch.

Gruppe Studierende auf dem Campus
Gruppe Studierende auf dem Campus

Sie haben u.a. einen Campus Spaziergang unternommen. Welche Orte haben Sie dabei entdeckt?

Nicole Ottmann: Jede/r von uns hat seine/ihre Wege und Plätze auf dem Campus – abhängig davon, in welchem Gebäude wir arbeiten, wie oft gemeinschaftliche Orte wie die Bibliothek oder die Mensa in unseren Alltagsroutinen auftauchen, ob wir ganztägig am Campus sind oder nach den Vorlesungen den Heimweg antreten. Diese individuellen Perspektiven wollten wir ins kollektive Gedächtnis aufnehmen, in dem wir mit dem Spaziergang gemeinsam Lieblings-, Potential- und Schauerorte sichtbar machen und kartieren.

Welche Rolle spielen die Verbindungswege zur Stadt für die Campusentwicklung?

Nicole Ottmann: Für unsere Arbeit ist entscheidend die Beziehung der Hochschul-Standorte zur Stadt mitdenken. Dabei sehen wir den Campus als einen Stadtbaustein mit Wegen und Aufenthaltsorten für alle. Wir können zum Beispiel davon ausgehen, dass durch neue Wohnangebote zukünftig mehr Studierende in Biberach leben und der Bezug zur Innenstadt und den Freizeiteinrichtungen zunimmt. Auch werden die ÖPNV-Initiativen von Stadt, Landkreis und Land die Wege zum Bahnhof/ZOB intensivieren. Wir analysieren derzeit aktuelle und zukünftige Wege, beziehen sie in unsere städtebaulichen Überlegungen ein und pflegen einen engen Kontakt zur Stadt.

Welche Ideen haben Sie im Plancafé gesammelt?

Cristina Fischer de Saa: In dieser ersten Phase ist eine bunte Sammlung ganz unterschiedlicher und individueller Perspektiven auf das Campus- und Stadtleben in der Gegenwart und in der Zukunft entstanden. „Es braucht mehr Aufenthalts- und Freizeitflächen am Campus“, es gibt viele Potenzialorte im Außenraum, aus denen man “richtig was machen“ könnte – zum Beispiel ein Studi-Café oder einen Basketball-Platz. Auch der Wunsch nach flexiblen Raumangebote hat uns erreicht, weil die Digitalisierung das Leben am Campus schon jetzt verändert.

Wie geht es mit der Ideensammlung weiter?

Nicole Ottmann: Über den Sommer nehmen wir die zahlreichen Erkenntnisse und Ideen mit und ziehen ein erstes Fazit. Sie dienen als Anregungen für eine Workshop-Serie, die wir mit Entscheider*innen aus Hochschulleitung, Fakultäten, Verwaltungen und Interessenvertreter*innen durchführen. Das Plancafé geht im Herbst in eine zweite Phase, entwickelt Ideen und reflektiert die Ergebnisse der Workshops. Ziel ist es, Anfang 2023 konkrete Szenarien für die Campusentwicklung vorliegen zu haben – als Zukunftsvision und für erste Maßnahmen, die den Wandel der Hochschule erlebbar machen.

Teambild auf einer Treppe
Teambild auf einer Treppe

Das Team Campus Zukunft, das gemeinsam die Themen Campusentwicklung, Mobilität, Klimaneutralität und Umweltmanagement voranbringt:

Hintere Reihe von links: Lisa Meyering, Nicole Ottmann, Cristina Fischer de Saa, Taiwo Oladeji, Christine Bourguignon

Vordere Reihe von links: Tobias Götz, Martin Spalek, Johanna Eisele