Krankheiten der Atemwege sowie des zentralen Nervensystems erfordern häufig invasive Behandlungsansätze – also Verfahren, bei denen Medikamente meist durch Spritzen in den Körper eingebracht werden. Da Antikörper nicht über den Mund verabreicht werden können, werden sie konventionell per Injektion appliziert. Um über Alternative Arzneimittelapplikationen über die oberen und unteren Atemwege zu diskutieren, sind über 100 Forscher*innen Ende September an der Hochschule Biberach beim „IgG Drug Delivery Kongress“ zusammengekommen. Im Zentrum der hybriden Veranstaltung, die gemeinsam von der Hochschule Biberach (HBC) und dem InnoSÜD-Verbund geplant wurde, standen dabei IgGs (Immunglobulin-G), die durch die verschiedenen minimal- und non-invasiven Applikationswege gezielt an den Ort der Wirkung geführt werden können. Immunglobulin-G sind Antikörper, die einen wichtigen Bestandteil unseres humoralen Immunsystems darstellen. Sie besitzen eine Target-Funktion, die den Körper vor Viren und Bakterien schützt. Antikörper finden in der Medizin in vielen anderen Bereichen bereits Anwendung, wie beispielsweise in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen oder Krebs.

Beim Kongress wurde unter anderem aufgezeigt, welche Rolle inhalative Ansätze in der Behandlung von chronischen Lungenerkrankungen, bei Asthma oder auch bei infektiösen Lungenentzünden spielen können. Auch die intranasale Applikation wurde beleuchtet und beide Methoden gegeneinander abgeglichen. So ermöglicht die intranasale Anwendung eine Umgehung der Blut-Hirn-Schranke und stellt somit eine gute Möglichkeit dar, das Zentralnervensystem zu erreichen. Beim Kongress wurden Studien präsentiert, die die Transportwege über die Schleimhaut untersuchen und zeigen, wie viel Wirkstoff dabei ins Gehirn gelangt. Die Option Antikörper gezielt ins Zentralnervensystem einbringen zu können kann beispielsweise genutzt werden, um Multiple Sklerose minimal invasiv behandeln zu können. 

Die auf Grundlage dieses Wissen aufgebaute präklinische Minischwein-Studie zu einem intranasalen Hydrogel-Patch wurde von Prof. Dr. Katharina Schindowski Zimmermann von der Biberacher Fakultät Biotechnologie erläutert. Im Vergleich zu bisher angewendeten Verfahren ist diese neu entwickelte Möglichkeit, die  Blut-Hirn-Schranke zu umgehen, deutlich weniger belastend für die Patient*innen. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob die Applikation des Patches Nebenwirkungen auf Verhalten oder Geruchssinn hat und wie viel Wirkstoff das Gehirn erreicht.

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Alle sechs Vortragenden haben hervorgehoben, dass bereits wichtige erste Erfolge erzielt wurden und der nasale sowie inhalative Applikationsweg neue vielversprechende, aber auch komplexe Therapieansätze aufzeigt. Es gilt jedoch auch noch Herausforderungen zu meistern. Oberstes Ziel aller Beteiligten ist es dabei, das Wohlergehen der Patient*innen so hoch wie möglich und die Risiken so gering wie möglich zu halten, während die Krankheit gezielt therapiert werden kann. Der Kongress ermöglichte hierbei einen Austausch zwischen den Wissenschaftler*innen, um gemeinsam den Fortschritt voran zu treiben.

Gruppenfoto mit sechs Personen
Gruppenfoto mit sechs Personen